Direkt zum Inhalt
Technik 22. Juli 2020

Forscher entwickeln Schäume aus Mineralkunststoff

Schäume aus Mineralkunststoff sind nicht brennbar und leicht zu recyceln. Sie sind daher eine umweltfreundliche Alternative zu expandiertem Polystyrol (EPS).
Aufgeschäumt kann Mineralkunststoff als umweltfreundliches Dämmmaterial eingesetzt werden.
Aufgeschäumt kann Mineralkunststoff als umweltfreundliches Dämmmaterial eingesetzt werden.

Schäume aus Mineralkunststoff sind nicht brennbar und leicht zu recyceln. Sie sind daher eine umweltfreundliche Alternative zu expandiertem Polystyrol (EPS).

Forscher der Universitäten Stuttgart und Konstanz haben einen recyclebaren, nicht brennbaren Schaum aus Mineralkunststoff zum Patent angemeldet. Das Dämmmaterial kann im Gebäudebau sowie in Fahrzeugen und Gehäusen für elektronische Geräte eingesetzt werden.

Für das Jahr 2025 wird ein weltweiter Verbrauch an Dämmstoffen von insgesamt bis zu 579 Mio. m³ erwartet, davon allein in Europa über 200 Mio. m³. Ein weit verbreitetes und gut isolierendes Material sind Kunststoffschäume wie etwa Dämmplatten aus expandiertem Polystyrol (EPS).

Viele Kunststoffschäume sind brennbar

Allerdings sind viele Kunststoffschäume brennbar. So besteht bei mehreren Großbränden wie etwa dem Grenfell Tower in London der Verdacht, dass sich das Feuer aufgrund der Fassadendämmung so schnell ausbreiten konnte. Zudem werden Kunststoffschäume auf der Basis von Erdöl hergestellt, sind biologisch nicht abbaubar und können nur mit großem Energieaufwand recycelt werden.

Ad

Die Teams von Prof. Cosima Stubenrauch vom Institut für Physikalische Chemie der Uni Stuttgart und von Prof. Helmut Cölfen vom Institut für Physikalische Chemie der Uni Konstanz haben einen neuen Mineralkunststoffschaum entwickelt, der keinen der genannten Nachteile aufweist.

Formbarer Schaum aus Mineralkunststoff

Mineralkunststoff ist ein so genanntes Hydrogel, das aus Kalk (amorphem Calciumcarbonat) und Polyacrylsäure in Wasser hergestellt wird.
Mineralkunststoff ist ein so genanntes Hydrogel, das aus Kalk (amorphem Calciumcarbonat) und Polyacrylsäure in Wasser hergestellt wird.

Die Forscher mischten eine Natriumcarbonat-Lösung mit einer Polyacrylsäure-Calciumchlorid-Lösung, schäumten diese auf und gelierten anschließend die Mischung. Dabei entsteht als Zwischenprodukt ein Hydrogel, ein mit Wasser gequollenes Polymernetzwerk, woraus zum Beispiel auch ein Wackelpudding besteht. Das Hydrogel ist plastisch beliebig verformbar. Durch Härten des Hydrogels erhält man einen porösen Mineralkunststoffschaum, der die Form des Hydrogels beibehält.

Viel härter als Acrylglas

Der Mineralkunststoffschaum ist fünf bis sechsmal härter als konventionelles Acrylglas, aber dennoch leicht zu verarbeiten. Durch seinen Mineralanteil von bis über 30 Massenprozent ist er im Gegensatz zu rein organischen Polymeren nicht brennbar.

Die Inhaltsstoffe Calcium, Calciumcarbonat und Polyacrylsäure sind gesundheitlich unbedenklich, sie werden auch in Augentropfen und Augengelen eingesetzt. Der Mineralkunststoffschaum lässt sich in vielen herkömmlichen Säuren vollständig auflösen, was ein einfaches und effizientes Recycling ermöglicht.

Partner für Produktion in großem Maßstab gesucht Der Mineralkunststoff wird derzeit zum Patent angemeldet (DE 102020002914). Über das Technologie-Lizenz-Büro der Baden-Württembergischen Hochschulen (TLB) suchen die Forschenden nun nach Wirtschaftspartnern, die Mineralkunststoffschäume in großem Maßstab produzieren können, um sie kommerziell zu vertreiben.

mg

Passend zu diesem Artikel