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Automation 30. Juli 2021

Flugzeugbau: Forschungsprojekt fokussiert die Automation

Das internationale Forschungsprojekt „Clean Sky 2 – Acclaim“ hat Automatisierungslösungen und Gewichtseinsparungen für den künftigen Flugzeugbau erarbeitet.
Im Forschungsprojekt „Clean Sky 2 – Accalaim“ wurde eine automatisierte Montage von leichten Handgepäckfächern entwickelt. Deren hochpräzise Positionierung an die Flugzeugstruktur erfolgte mittels eines neu entwickelten Roboters im Flugzeugrumpf-Demonstrator.
Im Forschungsprojekt „Clean Sky 2 – Accalaim“ wurde eine automatisierte Montage von leichten Handgepäckfächern entwickelt. Deren hochpräzise Positionierung an die Flugzeugstruktur erfolgte mittels eines neu entwickelten Roboters im Flugzeugrumpf-Demonstrator.

Das internationale Forschungsprojekt „Clean Sky 2 – Acclaim“ hat Automatisierungslösungen und Gewichtseinsparungen für den künftigen Flugzeugbau erarbeitet.

Unter der Projektleitung des Fraunhofer-Instituts für Fertigungstechnik und Angewandte Materialforschung IFAM gelang es den beteiligten Konsortien Calito, Eureca, Simfal und Vista im Forschungprojekt „Automated Cabin & Cargo Lining and Hatrack Installation Method“ (Acclaim), Automatisierungslösungen für den Einbau eigens entwickelter leichterer Bauteile für den Flugzeugbau zu realisieren. Konkret geht es dabei um leichtere Seitenwände und Handgepäckfächer aus Verbundwerkstoffen. Verbesserte ergonomische Arbeitsbedingungen resultieren zudem aus der erzielten Mensch-Maschine-Kollaboration.

Die im Projekt erarbeitete Automatisierung von Installationsschritten und der Einsatz neuartiger Halterungen sowie Montageelemente zur schnelleren Installation der Bauteile könnten zukünftig nicht nur die Verkürzung, sondern auch die Einsparung von Produktionsschritten ermöglichen. So ließe sich – bei gleichzeitiger Kostenersparnis – sowohl die Effizienz in der Flugzeugproduktion steigern als auch der Treibstoffverbrauch im Flugbetrieb reduzieren.

Leichtere Bauteile aus Verbundwerkstoffen

Für die automatisierte Installation der neu entwickelten Seitenwände und Handgepäckfächer im Flugzeugkabinen- beziehungsweise -laderaumbereich entwickelte das Fraunhofer IFAM den Demonstrator eines Flugzeugrumpfs im 1:1-Maßstab mit zugehöriger Infrastruktur wie Transportlift und Transportwegen. Das Institut koordinierte zudem die Forschungs und Entwicklungsarbeiten der im Projekt beteiligten Partnerkonsortien. Calito entwickelte leichtere Bauteile aus Verbundwerkstoffen, welche das Flugzeuggewicht signifikant um bis zu 500 kg reduzieren können. Die automatisierte Installation der Bauteile (Eureca) und die Qualitätskontrolle (Vista) wurden mit fahrerlosen Transportfahrzeugen inklusive mit Sensorik ausgestatteter Leichtbaurobotik umgesetzt sowie virtuell überwacht (Simfal).

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„Das Projekt Acclaim stellte uns vor die Herausforderung, die Prozessschritte mit den Projektpartnern so zu automatisieren, dass sowohl die Zeitdauer als auch die Komplexität des Prozesses reduziert werden. Die Seitenwände und Handgepäckfächer sollten automatisiert aufgenommen und dem Kabinen- und Cargobereich zugeführt werden. Zur Installation der Komponenten mussten wir diese anschließend durch enge Bereiche manövrieren und die Bauteile exakt positionieren und montieren“, erläutert IFAM-Projektleiter Leander Brieskorn. „Dies erreichten wir, indem die neuen leichten Bauteile von Calito in unserem eigens entwickelten Flugzeugrumpf-Demonstrator mit von Eureca modifizierten autonomen Transportfahrzeugen und Leichtbaurobotern samt intelligenter Greifer und Sensorik hochpräzise installiert und spaltfrei an die jeweiligen Positionen montiert, von Simfal überwacht und durch Vista getestet wurden“, ergänzt Parth Rawal, stellvertretender Projektleiter.

Automatisierungsumgebung für Flugzeugrumpf-Demonstrator

Der vom Fraunhofer IFAM entwickelte Flugzeugrumpf-Demonstrator ermöglicht die erforderliche Logistik und die Installationsabläufe für den Einbau von Seitenwände und Handgepäckfächer. Er besteht aus einer Flugzeugrumpfsektion mit einem Kabinen- sowie einem Cargobereich und einer Zugangsplattform mit Transportwegen. Ein Lift erlaubt die Bereitstellung der Bauteile und ihre Zuführung in den jeweiligen Montagebereich, indem er die fahrerlosen Transportsysteme samt Roboter und Bauteile auf die Kabinen- beziehungsweise Cargoebene befördert. An den Seiten der Plattformgänge, die zu den Eingängen des Kabinen- beziehungsweise Cargobereichs führen, sind Orientierungsleisten für die visuelle Abstandssensorik der fahrerlosen Transportsysteme angebracht. Die gesamte Anlage ist mit einem WLAN-System ausgestattet, sodass die Roboter mit dem Lift beziehungsweise dem Überwachungssystem kommunizieren und das Anfordern des Lifts sowie die einzelnen Prozessabläufe bestätigen können.

Bauteile mit automatisierungsgerechten Halterungen

Die für den Flugzeugbau entwickelten Handgepäckfächer und Kabinenseitenwände nach der automatisierten Montage.
Die für den Flugzeugbau entwickelten Handgepäckfächer und Kabinenseitenwände nach der automatisierten Montage.

Dem Projektkonsortium Calito gelang es, sowohl für Seitenwände in der Kabine beziehungsweise im Laderaum als auch für die Handgepäckfächer in der Kabine eines Flugzeugs der Baureihe A320, leichtere sowie gleichzeitig stabilere Strukturen und Bauweisen zu entwickeln. Die Bauteile sind mit automatisierungsgerechten Halterungen ausgestattet, mit deren Hilfe sie von selbst an den entsprechend entwickelten Gegenhaltern der Flugzeugstruktur einrasten. Durch den potenziellen Einsatz dieser innovativen Komponenten in der Innenausstattung eines Flugzeugs ergeben sich signifikante Gewichtseinsparungen bis zu 500 kg. Die Bauteile müssen dazu beim industriellen Anwender noch diverse Qualifizierungsschritte durchlaufen.

Die vom Projektkonsortium Eureca realisierte fahrerlose Transportsystem-Einheit inklusive Roboter und Greifer ermöglicht eine autonome Logistik der Bauteile mittels Wegesensorik. Am Einbauort angekommen, werden die Einbaupositionen mittels Kamerasystem zum Bauteil referenziert und die Komponenten mithilfe der Greifer installiert. Hierdurch lassen sich im industriell zu qualifizierenden Einsatz nicht nur erhebliche Kosten einsparen, sondern insbesondere Arbeiten ersetzen, die bisher von den Werkern ergonomisch kritische Positionen erfordern.

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Das Projektkonsortium Simfal entwickelte eine Virtual-Reality-Software, die vorab eine schnelle Planung der Prozessschritte und prozessbegleitend die Gesamtprozessüberwachung ermöglicht. Die Software überwacht online jeden Schritt und zeigt über ein Monitoringsystem den aktuellen Prozessschritt und die Position der Automatisierungseinheit an.

Forschungsprojekt entwickelt auch automatische Qualitätskontrolle

Abschließend wird die vom Projektkonsortium Vista erarbeitete Qualitätskontrolle nach Einbau der Bauteile vollautomatisiert ausgeführt. Hier kommt ebenfalls eine Robotereinheit auf einem fahrerlosen Transportsystem zum Einsatz, die mit einem Kamerasystem ausgestattet ist. Diese automatisierte Inspektion zeigt ein erhebliches Einsparungspotenzial und zusätzliche Konsistenz in der Auswertung im Vergleich zu den umfangreichen, sich wiederholenden und körperlich anstrengenden manuellen Messschritten, die derzeit an den montierten Bauteilen zur exakten Lageausrichtung und zur Überprüfung der Oberflächenqualität erforderlich sind.

Darüber hinaus wurden von Simfal Ergonomiestudien und Machbarkeitsstudien bezüglich Zeit-, Kosten- und Gewichtseinsparung für einen effizienten Einsatz der entwickelten Systeme aller Projektpartner durchgeführt. Die Ergebnisse wurden im Anschluss mit den Daten eines manuell durchgeführten Installationsprozesses der Bauteile in Stade verglichen und ausgewertet.

Diese Auswertungen verdeutlichen – neben der möglichen automatisierungsbedingten Steigerung der Effizienz – insbesondere die enorme physische Entlastung der Werker durch Gewichtseinsparungen und optimierte ergonomische Arbeitsbedingungen durch die Assistenz der Roboter und des Virtual-Reality-Systems, somit eine gelungene Mensch-Maschine-Kollaboration.

Ergebnisse nicht nur für den Flugzeugbau hilfreich

Die für die Installation von Seitenwänden und Handgepäckfächern entwickelten Automatisierungslösungen müssen für den industriellen Einsatz weitere Standardqualifizierungsschritte bezüglich Material, Sicherheit, Wiederholgenauigkeit und Rentabilität durchlaufen. Die erarbeiteten Forschungs- und Entwicklungsergebnisse lassen sich durch Anpassungen der Aufnahmesysteme auch auf die automatisierte Montage von Bauteilen in anderen Branchen, wie im Windenergieanlagen-, Schienenfahrzeug-, Nutzfahrzeug-, Automobil- oder Schiffbau übertragen.

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sk

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