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Additive Fertigung 20. März 2023

Erster automatisierter 3D-Druck im offenen Weltraum

Forscher der Hochschule München haben als Weltpremiere mit einem 3D-Drucker in einer Forschungsrakete eine Struktur im offenen Weltraum gedruckt.

Das Forscherteam mit der Höhenforschungsrakete vor dem Start in Schweden.
Das Forscherteam mit der Höhenforschungsrakete vor dem Start in Schweden.

Eine Gruppe von Wissenschaftlern und ehemaligen Studenten der Hochschule München (HM) konnten mit einer Forschungsrakete mit einem 3D-Drucker erfolgreich Strukturen im Weltraum herstellen. Die gedruckten Proben wurden zum Esrange Space Center, nördlich des Polarkreises in Schweden, zurückgeführt und ausgewertet.

Mit flüssigem Harz bei Schwerelosigkeit und Vakuum gedruckt

Die Versuche an Bord der 5,60 m langen und 35,5 cm breiten Forschungsrakete wurden in einer Höhe von bis zu 90 km durchgeführt und hatten zum Ziel, aus einem mitgeführten, flüssigen photoreaktiven Harz unter Bedingungen der Schwerelosigkeit und in einem Vakuum mit einem 3D-Drucker Stäbe zu fertigen.

Das studentische Team um Prof. Dr. Markus Pietras, Leiter des Masterstudiengangs Luft- und Raumfahrttechnik, und Doktorand Michael Kringer waren sehr zufrieden mit den Ergebnissen: „Keiner wusste, ob unser Konzept vom autonomen 3D-Druck mit flüssigem Druckmaterial unter realen Weltraumbedingungen funktionieren würde. Jeder kennt die Bilder von Flüssigkeiten, die durch die Raumstation als kugelförmige Tropfen schweben. Wir hatten schon Bedenken, dass so etwas auch mit unserem Material passieren könnte. Durch eine Härtung des Druckmaterials mit UV-Licht direkt an der Düse hat es sich während des Druckes jedoch so verhalten wie erhofft und wir konnten damit erfolgreich Stäbe produzieren.“

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Neue Perspektiven für die Raumfahrt

Die an der HM entwickelte Technologie erzeugt unmittelbar durch die dreidimensionale Bewegung des Druckkopfes neue Komponenten. Das photoreaktive Harz wird aus dem Druckkopf durch eine Düse gedrückt und unter Bestrahlung mit UV-Licht gehärtet. Wie die Hochschule München betont, ist die Methode sehr energieeffizient, da nur LEDs betrieben werden und eine Nachhärtung sogar mit Sonnenlicht erfolgen kann. Auch entsteht dabei nur wenig Abwärme, die im Weltraum kompliziert abgeführt werden muss.

Doktorand Michael Kringer beobachtet den 3D-Druckvorgang im Labor der Hochschule München. Das photoreaktive Harz wird aus dem Druckkopf durch eine Düse gedrückt und unter Bestrahlung mit UV-Licht gehärtet.
Doktorand Michael Kringer beobachtet den 3D-Druckvorgang im Labor der Hochschule München. Das photoreaktive Harz wird aus dem Druckkopf durch eine Düse gedrückt und unter Bestrahlung mit UV-Licht gehärtet.

Der herkömmliche 3D-Druck, wie er zum Beispiel auf der Internationalen Raumstation durchgeführt wird, benötigt erheblich mehr Energie, denn hier wird thermoplastischer Kunststoff erst geschmolzen, um dann schichtweise aufgetragen und wieder abgekühlt zu werden.

Ziel: Große Strukturen direkt im Weltraum 3d-drucken

Die zukünftige Anwendung liegt in der Erzeugung großer Strukturen direkt vor Ort, damit der aufwendige Transport von Teilen entfällt. Kringer erläutert die Vorzüge: „Auf Trägerraketen ist der Platz begrenzt. Wichtige Komponenten wie Antennen oder Solargeneratoren müssen daher für den Start sehr kompakt gestaltet und dann im Orbit entfaltet werden. Mit 3D-Druck könnten wir die Strukturen vor Ort so bauen, wie wir sie wirklich haben wollen.“

Vom Labor zum In-Space Manufacturing

Die Fertigung von Strukturen im Weltraum beschäftigt schon allein aus Kostengründen alle Weltraumorganisationen. Nach erfolgreichen Tests mit dem 3D-Druck von komplexen Strukturen und Formen im Labor der HM war der nächste logische Schritt eine Erprobung unter Bedingungen der Schwerelosigkeit.

Das Team bewarb sich 2020 erfolgreich beim Fly-Your-Thesis-Programm der Europäischen Weltraumagentur (ESA). Bei Parabelflügen in einem umgebauten Airbus erprobten sie ihr Verfahren weiter. Mit den Tests in einer Höhenforschungsrakete haben die Forscher nun den Beweis geführt, dass die Technologie auch im Weltraum einsatzfähig ist.

Neue Möglichkeiten zum Forschen im Weltraum

Gemeinsam mit der ESA und Industriepartnern wird die Technologie weiter erforscht, und schon über den nächsten Schritt nachgedacht: Ein längerer Einsatz des Druckers auf einem Satelliten in der Erdumlaufbahn. Pietras ist optimistisch: „Abgesehen von den wirtschaftlichen Aspekten wird die Technologie auch die Möglichkeiten zur Erforschung des Weltraums erweitern. Weltraumgestützte Solarenergie oder eine bemannte Marsmission kann ich mir zum Beispiel ohne eine Fertigung vor Ort nicht vorstellen.“ gk

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