Was als Unternehmer zu tun ist, wenn ein Lieferant insolvent geht, erklärt Jacqueline Jakubik, Rechtsanwältin und Insolvenzverwalterin.

Gestiegene Material- und Energiekosten, Mindestlohnanpassungen und ein verändertes Kaufverhalten von Kundinnen und Kunden wirken sich vielfach negativ auf die Umsätze und Erträge aus und selbst wenn das eigene Unternehmen nicht direkt unter der aktuellen Krise leidet, können Geschäftspartner wie Lieferanten in die Insolvenz geraten – und damit die eigenen Abläufe empfindlich stören. Laut Jacqueline Jakubik Rechtsanwältin und Insolvenzverwalterin bei der Kanzlei Tiefenbacher Insolvenzverwaltung / Restrukturierung gibt es einige Warnsignale, die häufig auf eine Schieflage eines Zulieferers hindeuten, beispielsweise Lieferprobleme, eine neue Bankverbindung, Sitzverlegung, schlechte Bonität, Wegfall von Skonti-Abzügen und weitere. Sollte sich die Insolvenz des Lieferanten bestätigen, hilft es, Ruhe zu bewahren. Wir fassen zusammen, welche Handlungsmöglichkeiten für Abnehmer oder Kunden in einer solchen Situation bestehen. Tritt eine Insolvenz bei einem Lieferanten ein, steht für einen Abnehmer oder Kunden die Frage im Raum, welche Auswirkungen das konkret auf aktuelle Bestellungen sowie die bestehende Geschäftsbeziehung hat und ob letztere in Zukunft weitergeführt werden kann.
Verhandlungen mit Lieferanten aufnehmen
Sobald ein Unternehmen von der Schieflage eines Zulieferers erfährt, sollte umgehend geprüft werden, ob der Geschäftsbetrieb des Zulieferers fortgeführt wird und welche Gerichtsbeschlüsse erlassen wurden. Zudem sollte der richtige Ansprechpartner gewählt werden: Nach Anordnung der vorläufigen Eigenverwaltung ist die bisherige Geschäftsleitung zu kontaktieren; bei Anordnung der vorläufigen Insolvenzverwaltung sollte unbedingt auch der Kontakt zum vorläufigen (schwachen) Insolvenzverwalter gesucht werden. Zur Erklärung: Wurde ein vorläufiger (schwacher) Insolvenzverwalter bestellt, wurde dem Schuldner kein allgemeines Verfügungsverbot auferlegt. Zudem ist es ratsam, eine gemeinsame Situationsanalyse vorzunehmen und je nach Lage eine Vertragsbeibehaltung beziehungsweise Neuverhandlung anzustreben. Besprochenes sollte dabei stets schriftlich festgehalten werden, falls im späteren Verlauf ein Nachweis darüber nötig sein sollte. Bei Anordnung einer vorläufigen Insolvenzverwaltung sollte unbedingt die Zustimmung des vorläufigen (schwachen) Insolvenzverwalters zu der neu getroffenen Vereinbarung, etwa über die Modalitäten der noch ausstehenden Lieferungen, dem Lieferzeitplan und dem zukünftigen Bezahlprozedere, eingeholt werden. Gegebenenfalls kann eine Abstimmung mit weiteren Abnehmern des betroffenen Lieferanten helfen, gemeinsame wirtschaftliche Interessen abzuklären und zu sichern. Zur Absicherung des eigenen Unternehmens sollte außerdem nach einem Zweitlieferant Ausschau gehalten werden.
Bei Insolvenz: Forderungen anmelden und Sicherungsrechte geltend machen
Nach Insolvenzeröffnung sollten umgehend die offenen Forderungen, zum Beispiel An- oder Vorauszahlungen, beim Insolvenzverwalter beziehungsweise Sachwalter schriftlich angemeldet werden. Sofern beim insolventen Lieferanten Konstruktionsunterlagen und Material des Kunden liegt, welches im Eigentum des Kunden steht, sollte dieser seine Rechte ebenfalls dem Insolvenzverwalter oder Sachwalter oder der Eigenverwaltung unverzüglich anzeigen. Der Kunde sollte auf eine Inventur des noch vorhandenen Materials und auf eine Kennzeichnung seiner dem Lieferanten zur Verfügung gestellten Maschinen bestehen.
Ausübung Wahlrecht
Nach Insolvenzeröffnung sollte im direkten Gespräch mit dem Insolvenzverwalter abgeklärt werden, wie laufende Aufträge trotz der besonderen Situation möglichst fortgeführt werden können. Ein Lieferant und ausstehende Lieferungen müssen nicht gleich „abgeschrieben“ werden. Sollte eine Chance auf Sanierung und Fortführung des insolventen Unternehmens bestehen, wird der Insolvenzverwalter oder die Eigenverwaltung in der Regel versuchen, die bewährten Geschäftsbeziehungen mit den Abnehmern oder Kunden weiterzuführen. Lehnt der Insolvenzverwalter die Vertragserfüllung ab, haben Kunden des insolventen Lieferanten aufgrund der kurzfristigen Beendigung der Vertragsbeziehung einen Anspruch auf Schadensersatz. Allerdings kann dieser Schadensersatzanspruch ebenfalls nur als Insolvenzforderung geltend gemacht werden. ak
Was als Unternehmer zu tun ist, wenn ein Lieferant insolvent geht, erklärt Jacqueline Jakubik, Rechtsanwältin und Insolvenzverwalterin.
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