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Additive Fertigung 14. Januar 2019

Ersatzteile für Daimler Busse aus dem 3D-Drucker

Evobus, einer der weltweit führenden Omnibushersteller, will mit Additiver Fertigung die Ersatzteilfertigung beschleunigen und wirtschaftlicher machen.
Dank 3D-Druck stehen Ersatzteile für Busse kostengünstig und schnell zur Verfügung.
Dank 3D-Druck stehen Ersatzteile für Busse kostengünstig und schnell zur Verfügung.

Evobus, einer der weltweit führenden Omnibushersteller, will mit Additiver Fertigung die Ersatzteilfertigung beschleunigen und wirtschaftlicher machen.

Der Bereich Customer Services & Parts (CSP) der Evobus GmbH steht aktuell vor der Herausforderung steigender Kosten für Lagerung und Logistik sowie langer Lieferzeiten für Ersatzteile. Grund dafür ist ein immer breiter werdendes Portfolio, verbunden mit der Zusicherung an die Kunden, ihnen über einen Zeitraum von mehr als 15 Jahren nach Serienauslauf Ersatzteile für ihre Busse zur Verfügung zu stellen.

Über 300.000 aktive Ersatzteile

Derzeit verwaltet der CSP-Bereich von Evobus – mit den Marken Mercedes-Benz, Setra, OMNIplus und BusStore das größte europäische Tochterunternehmen der Daimler AG – über 300.000 aktive Ersatzteile, von denen eine Vielzahl auf Lager gehalten werden – Tendenz steigend. Aufgrund von Mindestabnahmemengen kommt es zudem häufig zur Überproduktion: Oft müssen 15, 20 oder sogar 100 Teile abgenommen werden, selbst wenn nur eines benötigt wird.

Die additiv gefertigten<br />Ersatzteile erfüllen die Kriterien, die<br />Premiummarken wie Daimler Buses<br />an Bauteile im sichtbaren Bereich<br />stellen.
Die additiv gefertigten<br />Ersatzteile erfüllen die Kriterien, die<br />Premiummarken wie Daimler Buses<br />an Bauteile im sichtbaren Bereich<br />stellen.
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Mit konventionellen Produktionsverfahren kann Evobus den wachsenden Herausforderungen bei der Ersatzteilversorgung nur schwer begegnen. In der Produktionsflexibilität der additiven Fertigung sieht sie hingegen großes Potenzial: „Durch die Implementierung des 3D-Drucks in unser CSP-Geschäftsmodell erhoffen wir uns, die steigenden Lager- und Werkzeugkosten aufgrund des zahlenmäßigen Anstiegs der unterschiedlichen Omnibus-Ersatzteile zu reduzieren und zugleich unsere Lieferleistung an unsere Endkunden weiter zu verbessern“, fasst Ralf Anderhofstadt, Projektleiter CSP 3D-Druck zusammen.

Bei der Implementierung der additiven Fertigung in ihr CSP-Geschäftsmodell setzt Evobus auf die Expertise von Additive Minds, der Beratungssparte von EOS und nach eigener Aussage das weltweit größte Team von AM-Experten. Die Unterstützung erfolgt auf unterschiedlichen Ebenen: Im Rahmen von Workshops und mittels Off-Site-Support wurde die gesamte Lieferkette beleuchtet und ermittelt, wie der CSP-Bereich von Evobus das Potenzial des industriellen 3D-Drucks bestmöglich nutzen kann.

In enger Zusammenarbeit konnte die technische und wirtschaftliche Machbarkeit des Projekts innerhalb weniger Monate sichergestellt werden. Die Experten von Additive Minds brachten dabei ihre Erfahrung aus weltweit mehr als 250 industrieübergreifenden Projekten ein.

In einem ersten Workshop ging es um die systematische Auswahl geeigneter Bauteile für die additive Fertigung. Mithilfe der von Additive Minds entwickelten Methodik „Part Screening and Selection“, die bereits in über 50 Kundenprojekten in verschiedenen Industrien zum Einsatz kam, identifizierte Evobus mehr als 2.000 Teile. Von diesen sollen zunächst einige Metall- und Polymer-Bauteile umgesetzt werden.

Digitalisierung vieler Ersatzteile erfolgte mittels Reverse Engineering

Da für viele Ersatzteile keine digitalen Baupläne vorliegen, beleuchteten Additive Minds und EvoBus gemeinsam die Möglichkeiten zur Digitalisierung mittels Reverse Engineering und analysierten potenzielle Dienstleister. Dabei entstand ein eigenes Unterprojekt: Wie erreichen wir mit additiver Fertigung die typischen Haptik- und Oberflächenvorgaben von Interieurteilen?

Neben der Funktion können auch die typischen Haptik- und Oberflächenvorgaben<br />von Interieurteilen mit additiver erfüllt werden.
Neben der Funktion können auch die typischen Haptik- und Oberflächenvorgaben<br />von Interieurteilen mit additiver erfüllt werden.

Die kontinuierlich enge Zusammenarbeit von Additive Minds und EvoBus stellt sicher, dass für alle im Projektverlauf aufkommenden Fragen eine Lösung gefunden werden kann. So auch bei der Auswahl des Materials. Hier arbeiten EOS und EvoBus bereits gemeinsam an der Qualifizierung eines neuen Werkstoffs, der die strengen Brandschutzbestimmungen im Fahrzeugbau erfüllt.

Im Rahmen eines Pilotprojekts wurden im Juni 2017 die ersten Bauteile eingehend beleuchtet und gefertigt. Ein wichtiger Meilenstein ist damit erreicht – und das schneller als erwartet: „Durch die Zusammenarbeit mit Additive Minds im Projekt CSP 3D-Druck konnten wir unser Projekt bis zum technischen und wirtschaftlichen Proof of Concept erheblich beschleunigen, da wir hierbei unterschiedlichste Themenschwerpunkte fokussieren und angehen konnten“, resümiert Anderhofstadt.

Das nächste Projektziel ist der Einsatz additiv gefertigter Bauteile beim Endkunden. Ausgehend von einer zunächst zentralisierten Produktion wird auch explizit der zukünftige Einsatz der Drucker direkt bei den Außenorganisationen geprüft.

Der industrielle 3D-Druck löst die aktuellen Herausforderungen von Evobus

Aufgrund der inzwischen gemachten Erfahrungen steht für alle Beteiligten fest: Der industrielle 3D-Druck löst die aktuellen Herausforderungen von Evobus im CSP-Bereich und hat das Potenzial, die Profitabilität, die Wirtschaftlichkeit und die Innovationskraft des Unternehmens langfristig zu steigern und eine Vorreiterposition zu sichern. Im weiteren Projektverlauf soll jetzt das additive Fertigungsportfolio laufend um andere Ersatzteile aus Kunststoff und Metall erweitert werden. Ein nächster Schritt wird die vollständige Digitalisierung der analogen Bauteile sein, um das gesamte Ersatzteilgeschäft effizienter zu gestalten.

Von diesem Wandel profitieren auch die Endkunden: Dank verkürzter Lieferzeiten können sie unproduktive Ausfallzeiten ihrer Busse auf ein Minimum reduzieren. Zudem lassen sich Bauteile mittels additiver Fertigung auch hinsichtlich ihrer Komplexität und Funktionsintegration optimieren. Dadurch kann EvoBus in Zukunft noch besser auf individuelle Kundenanforderungen eingehen.

gk

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