„Die Aufträge aus dem Vorjahr konnten allesamt abgearbeitet werden. Wir verfrühstücken derzeit unseren Auftragsbestand. Der seit Monaten anhaltend niedrige Auftragseingang wirkt vor allem in das letzte Quartal des aktuellen Geschäftsjahres. Auch im Frühherbst hat sich die Situation für uns nicht verbessert“, sagte Stefan Engleder, CEO von Engel, auf der Pressekonferenz seines Unternehmens am ersten Tag der Fakuma. „Wir werden das laufende Geschäftsjahr voraussichtlich mit einem blauen Auge abschließen.“ Das Geschäftsjahr endet für Engel Ende März 2024. Engelder rechnet damit, dass der Umsatz bei 1,6 Mrd. EUR und damit leicht unter dem Vorjahresniveau von 1,7 Mrd. EUR liegen wird. Dies entspricht einem Minus von 6 %. 50 % des Umsatzes kommen aktuell aus Europa, 30 % aus Amerika, 17 % aus Asien und 3 % aus weiteren Regionen.
Für die nächsten Monate geht das Unternehmen von einem Rückgang im globalen Marktvolumen aus, der sich im Vergleich zum Vorjahr jedenfalls im zweistelligen Bereich bewegen wird. Die rückläufige Entwicklung prägt sich in Europa besonders stark aus: hohe Energie- und Personalkosten führen dazu, dass Investments in andere Märkte verschoben werden, zum Beispiel in Richtung USA und Staaten außerhalb Europas. Zudem gewinnen asiatische Hersteller zunehmend Anteile in den westlichen Märkten. Spürbar sei dies besonders im Automotivsektor. „Wenn wir auf Europa blicken, haben wir schon Sorgenfalten auf der Stirn“, so Engleder. „Positiv ist allerdings, dass wir in einem schrumpfenden europäischen Markt Anteilsgewinne verzeichnen.“
Weiterhin Wachstum in Amerika
Nordamerika und auch Teile Südamerikas – allen voran Mexiko – verzeichnen eine gute Geschäftsentwicklung. Vor allem Medical wächst aufgrund der Nachfrage nach Lösungen zur Behandlung von Wohlstandskrankheiten. Auch im Bereich der Teletronik und im technischen Spritzguss konnten Neukunden gewonnen werden. Letzterer profitiert von anhaltenden Investitionen in Lösungen für Wassermanagementsysteme. Im Automobilsektor werden derzeit Investitionen zurückgehalten. Aufgrund des Streiks der Gewerkschaft United Auto Workers (UAW) werden Kundeninvestments auf den Prüfstand gestellt, wovon wiederum die Region um Mexiko profitiert. Insgesamt schlägt sich laut Engleder der Reshoring-Trend für Engel weiterhin positiv nieder.
Asiatische Märkte erholen sich langsamer als erwartet
Langsamer als ursprünglich erwartet erholt sich der asiatische Markt. Das Ausmaß ausländischer Investments in China geht zurück, für das nächste Jahr wird ein moderates Wachstum prognostiziert. Die Auftragslage für die Engel-Zweitmarke Wintec hat sich in der zweiten Jahreshälfte stabilisiert, wenngleich das Niveau deutlich unter jenem des Vorjahres liegt. Prognosen gehen von einem stetigen Zuwachs an Projekten im Raum China aus. Im südöstlichen Teil Asiens zeigt sich ein durchwachsenes Bild. Zuversichtlich stimmen allerdings die Investments vieler chinesischer Firmen in der Region.
Engleder sieht strukturelle Veränderungen in Zentraleuropa
„Auch wenn die Energiepreise eines Tages wieder sinken und der Ukrainekrieg ein Ende findet, so haben wir in Europa ein substanzielles Problem, das gekommen ist, um zu bleiben: der Fachkräftemangel“, so Engleder. Vor allem kleine und mittlere Unternehmen würden aufgrund der ungünstigen Gemengelage häufig neue Standbeine außerhalb Europas, zum Beispiel in der Türkei und in Nordafrika andenken oder bereits aufbauen. Damit stehe der europäische Absatzmarkt vor einer mittel- bis langfristigen strukturellen Veränderung, glaubt Engleder.
Das über Jahrzehnte gewachsene globale Netzwerk von Engel trägt diesem Trend Rechnung. Neben Produktions- und Vertriebsstandorten umfasst es mittlerweile auch mehrere Entwicklungszentren. So beschäftigt das Unternehmen an den chinesischen Standorten mittlerweile rund 100 Entwickler. „Unsere globale Präsenz stärkt uns. Wir sind dadurch als Unternehmen sehr flexibel geworden und haben die Möglichkeit, unseren Kunden in jene Märkte zu folgen, in denen sie sich niederlassen“, betont Engleder.
Erstmals Ecovadis-Auszeichnung in Platin
Auch in Sachen Nachhaltigkeit investiert Engel weiter. Das Unternehmen erlangte kürzlich erstmals den Platinum-Status und zählt damit nun zu den weltweit Top 1 % der nachhaltigsten Unternehmen. Dazu geführt hat vor allem die Kombination aus wissenschaftsbasierten Treibhausgas-Reduktionszielen und der bereits umgesetzten Fülle an Klimaschutzmaßnahmen an den Engel-Standorten wie auch im Lösungsportfolio. Erst im Sommer dieses Jahres hatte das Unternehmen sein Commitment zur Science Based Target Initiative (SBTI)) bekanntgegeben. Damit ist es in seinen Nachhaltigkeitsbestrebungen zu 100 % transparent und zudem auf Basis von wissenschaftlichen Kriterien überprüfbar. „Wir sind stolz, dass unsere Nachhaltigkeitsbestrebungen erneut objektiv bestätigt wurden“, sagte Engleder. „Es zeigt, dass wir als Unternehmen an unseren Prinzipien festhalten – auch in herausfordernden Zeiten.“
Engleder gab zudem auf der Pressekonferenz bekannt, dass Engel den Softwarehersteller TIG, der unter anderem die MES-Lösung Authentig entwickelt hat, zum 1. Januar 2024 in der Unternehmensgruppe aufgehen lässt. Sämtliche Mitarbeiter werden von Engel übernommen. Der TIG-Stammsitz in Rankweil bleibt erhalten. TIG wurde bereits 2016 von Engel übernommen. Einige Jahre danach wurde der Vertrieb von Authentig in die Abteilung Digital Sales in die Engel-Organisation geholt.
Und das zeigt Engel auf der Fakuma 2023: Engel zeigt auf der Fakuma 2023 am Beispiel einer Automotive- und einer Medical-Anwendung, wie standardnahe Spritzgießlösungen aussehen können.