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Geschäftszahlen 22. Juni 2021

Engel: 20 % Umsatzsteigerung im aktuellen Geschäftsjahr

15 % weniger Umsatz hat Engel im Geschäftsjahr 2020/21 erzielt; doch die Auftragsbücher des Maschinenbauers sind aktuell wieder prall gefüllt.
CEO Dr. Stefan Engleder. „Es ist eine extrem angespannte, ja überhitzte Situation, auf den Beschaffungsmärkten. Doch unsere Kunden müssen keine Ausfälle erwarten.“
CEO Dr. Stefan Engleder. „Es ist eine extrem angespannte, ja überhitzte Situation, auf den Beschaffungsmärkten. Doch unsere Kunden müssen keine Ausfälle erwarten.“

15 % weniger Umsatz hat Engel im Geschäftsjahr 2020/21 erzielt; doch die Auftragsbücher des Maschinenbauers sind aktuell wieder prall gefüllt.

Das aktuelle Geschäftsjahr bei Engel ist noch sehr jung, dennoch verbucht man bereits 20 % Umsatzsteigerung. „Es hat uns aus der Krise regelrecht herauskatapultiert. Seit November 2020 erleben wir ein gigantisches Momentum. Unser Auftragsstand ist so hoch wie zuletzt 2018 – also in dem Jahr, als die Krise der Automobilindustrie begann“, sagte Dr. Christoph Steger, Chief Sales Officer (CSO) bei Engel in einer Pressekonferenz des Unternehmens kurz vor dem Start des Live E-Symposiums 2021. Seit dem Herbst vergangenen Jahres sei auch die Nachfrage aus der Automobilindustrie nach zwei sehr schwierigen Jahren wieder angezogen.

Umsatzprognose schwierig wegen hoher Volatilität am Markt

So fand das Geschäftsjahr 2020/2021, das am 31. März endete, beim österreichischen Maschinenbauer einen versöhnlichen Ausklang. Mit weltweit 6400 Mitarbeitern erwirtschaftete die Engel Gruppe einen Umsatz von 1,1 Mrd. EUR. Der Umsatz ist damit im Vergleich zum Vorjahr um 15 % erneut deutlich gesunken. Im Vorjahr hatte das Minus 20 % betragen, wie CEO Dr. Stefan Engleder im Interview mit der K-ZEITUNG berichtet hatte. Für das laufende Geschäftsjahr rechnet das Unternehmen aber wieder mit Wachstum. „Wenn sich der Aufwärtstrend festigt, ist ein Plus in der Größenordnung von bis zu 20 Prozent realistisch“, so Steger. „Unsere Prognose für das laufende Jahr ist dabei relativ vorsichtig angesichts der hohen Volatilität am Markt – bedingt durch die Corona-Pandemie, aber auch durch Subventionen weltweit.“

Weitere Herausforderungen erwachsen für Engel aus den aktuellen Lieferengpässen bei Rohmaterialien und Komponenten. „Bei vielen Teilen und Materialien, die wir für den Bau unserer Maschinen und Anlagen benötigen, gibt es nicht nur einen großen Angebotsrückgang, sondern auch einen massiven Preisanstieg, der zum Teil unvorstellbare Höhen erreicht hat“, erklärte Steger. „Dadurch bedingt, haben wir unsere Verkaufspreise angepasst. Eine komplette Weitergabe der Preissteigerungen ist allerdings illusorisch.“

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Auch andere Maschinenhersteller und Werkzeugbauer stehen vor großen Herausforderungen in der Lieferkette und heben dadurch teilweise die Preise für ihre Produkte an, wie aktuelle Recherchen der K-ZEITUNG zeigen:

Kunststoffmaschinenhersteller: Lieferketten unter Druck
Kunststoffmaschinen- und Werkzeugbauer stehen vor großen Herausforderungen in der Lieferkette; dadurch heben sie teilweise die Preise für ihre Produkte an.

„Container-Transporte von und nach Asien und den USA haben sich beispielsweise um den Faktor sieben verteuert“, ergänzte Engleder. „Dadurch behandeln wir die Transportkosten separat von den Maschinenkosten.“ Der Einkauf registriere quer durch alle Warengruppen zudem Preissteigerungen zwischen 10 und 30 %. Auch von der Chip-Knappheit sei Engel betroffen, insbesondere im Steuerungsbereich. „Doch durch unsere engen Partnerbeziehungen haben wir unsere Bedarfe bis zum Herbst abgesichert“, so Engleder.

Lieferfähigkeit trotz Materialknappheit gesichert

Zwar könne Engel durch seinen internationalen Werksverbund und die schon vor mehreren Jahren etablierte Dual-Sourcing-Strategie die weltweite Lieferfähigkeit sicherstellen, die Kostenschere gehe jedoch immer weiter auf. Von Vorteil für das Sourcing in China seien beispielsweise die beiden Werke, die Engel dort betreibt. „Unser weltweites Produktionsnetzwerk und das dezentral gestärkte Know-how im Vertrieb, Service und in der Anwendungstechnik helfen uns, flexibel zu agieren“, betonte der CEO. „Es ist eine extrem angespannte, ja überhitzte Situation, die auf alle Fälle noch bis in den September und Oktober hinein andauern wird. Doch unsere Kunden können wir beruhigen: Sie müssen keine Ausfälle bei uns erwarten.“

Wintec-Absatz in Europa liegen im Plan

Im Werk in Changzhou/China fertigt Wintec, das chinesische Tochterunternehmen von Engel, seit 2014 die standardisierten Spritzgießmaschinen T-Win. Seit Anfang dieses Jahres sind diese Zweiplatten-Großmaschinen nach Asien und den USA nun auch in Europa verfügbar. „Vor allem in Ost- und Westeuropa sind die Wintec-Maschinen gut angekommen. Nun ziehen auch Deutschland, Österreich und die Schweiz nach. Wir liegen im Plan“, verriet Steger. „Auch die Verfügbarkeit der Maschinen ist gegeben, das Werk in Changzhou könnte auch noch mehr Maschinen bauen als wir heute verkaufen. Lediglich die Transportkosten nach Europa haben sich verteuert.“

Nachfrage zieht auch in Europa wieder an

CSO Dr. Christoph Steger: „Wenn sich der Aufwärtstrend festigt, ist in diesem Geschäftsjahr ein Umsatzplus in der Größenordnung von bis zu 20 Prozent realistisch.“
CSO Dr. Christoph Steger: „Wenn sich der Aufwärtstrend festigt, ist in diesem Geschäftsjahr ein Umsatzplus in der Größenordnung von bis zu 20 Prozent realistisch.“

Die regionale Umsatzverteilung im abgeschlossenen Geschäftsjahr 2020/2021 spiegelt die Auswirkungen der Krise wider. Europa trug mit 45 % zum Gruppenumsatz bei, was deutlich unter dem Vorjahresanteil von 54 % liegt. Aus Amerika kamen 30 % – gegenüber 25 % im Jahr zuvor – und aus Asien 23 %, während es im Jahr zuvor 20 % waren. „In Asien – und dort vor allem China – zog die Konjunktur als Erstes wieder an und das kräftig“, so Steger. „In den USA war der Umsatz im vergangenen Jahr am wenigsten gesunken, die Umsätze lagen hier durchgängig auf einem hohen Level“, so Steger. „Inzwischen holt auch Europa wieder rasch auf. Und damit ist auch Deutschland wieder zurück im Rennen.“ Insgesamt verzeichnet die Engel Gruppe laut Steger „aus allen Märkten eine unglaublich große Nachfrage“.

Technical Moulding hat sich im Geschäftsjahr 2020/21 am besten entwickelt

Verschiebungen in der Umsatzverteilung gab es auch nach Branchen: Vor allem der Bereich Technical Moulding ist deutlich gewachsen. Zu Technical Moulding gehören unter anderem die Segmente Haushaltswaren, Sport, Spiel und Freizeit, die während der Corona-Pandemie weltweit eine verstärkte Nachfrage erfuhren. Auch stieg der Anteil der Business Unit Medical weiter an. Kunststoffprodukte leisten einen wichtigen Beitrag zur Bekämpfung der Pandemie. Covid-19-bezogene Aufträge bearbeitet Engel seit Beginn der Pandemie mit erhöhter Priorität.

„Wir haben auch in den vergangenen eineinhalb Jahren unsere Entwicklungsziele mit unverminderter Kraft verfolgt“, berichtete Engleder. Pro Jahr investiert Engel 70 Mio. EUR in Forschung und Entwicklung. Im Erfinderranking, das jährlich vom österreichischen Patentamt veröffentlicht wird, gehört das Unternehmen konstant zu den Top-Zehn-Unternehmen mit den meisten Patentanmeldungen; im jüngsten Bericht für das Jahr 2020 belegt Engel Platz 4.

Nachhaltigkeit und Digitalisierung treiben Wachstum

Zu den Innovations- und zugleich Wachstumstreibern gehören für Engel aktuell vor allem drei große Themen: Nachhaltigkeit, Digitalisierung und die Transformation des Automobils. Alle drei Bereiche sind eng miteinander verknüpft. „Nachhaltigkeit geht nur mit Digitalisierung“, so lautet daher auch die Kernbotschaft des diesjährigen Engel Live E-Symposiums. „Die Digitalisierung hilft uns, das volle Potenzial der Spritzgießmaschinen auszuschöpfen und damit effizienter und nachhaltiger zu produzieren“, sagte Engleder. „Wenn wir die Digitalisierung wirklich nutzen, erscheinen uns die CO2-Reduktionsziele, die uns von der Politik vorgegeben werden, auf einmal nicht mehr unmöglich.“

Mit Produkten und Technologien leiste Engel einen wichtigen Beitrag zum Aufbau einer Kreislaufwirtschaft für Kunststoffe, die eine wesentliche Rolle beim Steigern der Nachhaltigkeit in der Kunststoffindustrie spielt. Gezielt für die Circular Economy stellt Engel auf dem Live E-Symposium eine Extrusionslösung vor, bei der Kunststoffabfälle direkt nach dem Vermahlen als Flakes im Spritzguss verarbeitet werden können. Das heißt, der Prozessschritt der Granulierung, entfällt dadurch.

Sabine Koll

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