Digitalisierung in der Heißkanaltechnik
Serie Teil 3: In dieser Folge der dreiteiligen Serie beleuchtet Stefan Sommer von Günther Heisskanaltechnik, die Digitalisierung.
Um perfekte und hochwertige Kunststoffteile mit wenig Ausschuss zu produzieren, kommt auch die Kunststoffverarbeitung und damit die Heißkanaltechnik nicht um die Digitalisierung herum. Ressourceneffizienz, Prozessoptimierung und der Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit sind weitere wichtige Argumente für den Digitalisierungsprozess. Der basiert auf der Verfügbarkeit und der Auswertung der Datenmengen in Echtzeit. Am besten zudem betriebsübergreifend entlang ganzer Wertschöpfungsketten.
Günther plädiert dafür, die Prozesssteuerung darüber hinaus auf die Maschinen zu übertragen. So kann die Steuerung autonom, dezentral und unabhängig von menschlichen Eingriffen ablaufen. Sie hat also quasi eine eigene Intelligenz.
Puzzleteil auf dem Weg zur Digitalisierung der Spritzgussfertigung
Auch Günther Heisskanaltechnik arbeitet daran, seinen Anwendern noch mehr Freiheiten in der Bedienung und Überwachung ihrer Heißkanalsysteme zu geben. Hierzu entwickelt man in Frankenberg hardwarespezifische Tools und auch die nötige Software sowie Smartphone-Apps. Mit der Vernetzung der Heißkanalsteuerung mit der Maschinensteuerung und anderen Peripheriegeräten in den nächsten Jahren will Günther Heisskanaltechnik der Forderung nach Energieeffizienz nachkommen.
Auch in den kommenden Jahren wird Günther eine prägende Position in der Kunststoffverarbeitung einnehmen. Einer der nächsten großen Schritte wird die Digitalisierung sein. Für eine bessere Bedienung und Überwachung der Heißkanalsysteme müssen die Experten sämtliche möglichen Parameter erfassen, analysieren und entsprechend kombinieren. So können sie zum Beispiel Aussagen bezüglich der vorausschauenden Wartung oder darüber hinaus der Teilequalität treffen. Eine ausgeklügelte Steuerung soll sämtliche Kenngrößen während des Prozesses erfassen und zudem analysieren. Basis hierfür ist die Digitalisierung.
Der Fokus liegt auf vernetzter Heißkanaltechnik
Die Experten bei Günther Heisskanaltechnik sehen die Vernetzung der Heißkanalsteuerung mit der Maschinensteuerung und anderen Peripheriegeräten als zentrales Gebiet der Entwicklung in den nächsten Jahren. Problematisch sind aktuell jedoch die nicht einheitlichen Standards bei den Schnittstellen. Darüber hinaus sind auch die Kommunikationsprotokolle der verschiedenen Komponenten nicht vereinheitlicht. Jeder Hersteller versucht, hier sein eigenes Protokoll zu etablieren. Leider gibt es nur wenige Initiativen, um brancheneinheitliche Standards zu schaffen.
Hersteller individualisieren und spezialisieren oft das, was als Industriestandard angesehen wird. Damit hebeln sie den Standardisierungsprozess aus. Das bremst die Entwicklung, da ständig Anpassungen und individuelle Lösungen erforderlich sind. Allerdings ist die Einbindung der Heißkanalregler für die Temperatur, aber auch für die Steuerung elektrischer Nadelverschlussantriebe in ein gesamtheitliches, digitales Konzept wichtig.
Günther arbeitet an einer Einbindung seiner Steuerungsgeräte in eine eigene IoT-Plattform. Über sie kann der Anwender jederzeit, überall und mit jedem Endgerät auf seine Steuerungsgeräte zugreifen und sie zudem aktiv steuern. Daher hat Günther den Elektronik- und Softwarespezialisten Esys GmbH mit Sitz in Berlin erworben.
App-Steuerungen bieten große Vorteile in der Flexibilität und zudem auch bei der Überwachung und Protokollierung von Heißkanalsystemen. Und der Zugriff erfolgt ortsunabhängig. Gerade in Bezug auf die Weiterentwicklung der elektronischen Nadelverschlusssteuerung bietet die Digitalisierung noch ein enormes Potenzial.
Predictive Maintenance basiert auf der Digitalisierung
Die Vernetzung aller an einem Spritzgießprozess beteiligten Maschinen und Geräte ist die Voraussetzung für eine vorausschauende Wartung. Eine Kombination verschiedener Parameter ermöglicht über mathematische Modellierung, beispielsweise den Verschleißzustand einer Heißkanalspitze zu ermitteln. Voraussetzung dafür ist jedoch ein umfängliches Verständnis des gesamten Prozesses. Nur die Betrachtung einzelner Parameter des Heißkanals oder der Maschine ist zu wenig und außerdem nicht aussagekräftig genug.
Die Experten bei Günther sehen keinen Mehrwert darin, allein die Prozessdaten der Sensoren im Heißkanalsystem zu nutzen und sie in einer übergeordneten Instanz zu verarbeiten. Sie vielmehr ein Puzzleteil, um zur digitalen Spritzguss-Fertigung zu kommen. Dazu braucht man eine ausgeklügelte Steuerung, die sämtliche Kenngrößen während des gesamten Prozesses erfasst und analysiert. Erst diese Fülle an Daten ermöglicht es, Rückmeldungen an ein MES-System zu geben, um so das Heißkanalsystem sinnvoll in die Prozesskette einzubinden. Ein noch so digitales Heißkanalsystem stellt keinen Mehrwert dar, wenn die anderen am Spritzgussprozess beteiligten Komponenten nicht ebenfalls ‚smart‘ sind.
Digitalisierung sorgt für effizienten Einsatz von Energie
Industrie 4.0 ist durchaus ein wichtiges Thema, wie eine aktuelle Studie des Beratungsunternehmens PricewaterhouseCoopers (PwC) dokumentiert. Vier von zehn der befragten Industrieunternehmen nutzen inzwischen Datenanalysen und künstliche Intelligenz – Kernelemente der Industrie 4.0 – für ihre Produktentwicklung. Das bedeutet im Umkehrschluss aber auch: Sechs von zehn der befragten Unternehmen nutzen sie noch nicht. Dabei bietet die Digitalisierung für alle Branchen große Potenziale, um die eigenen Prozesse in den Bereichen Logistik, Sicherheit, Überwachung, Transport sowie Energieerzeugung und -verteilung zu optimieren.
Ein wichtiger Faktor in der Industrie 4.0 ist der effiziente Einsatz von Energie. Unternehmen, die ihre eigenen Strukturen und Prozesse optimieren, können dieses Potenzial für eine Senkung der eigenen Betriebskosten nutzen und gesetzliche Vorgaben schneller erfüllen. Ein einfaches Beispiel ist der Energiebedarf beim Aufheizen eines Heißkanalsystems.
Energieeffiziente Heißkanaltechnik ist ein Muss
Hierfür setzt Günther von Beginn an auf den Einsatz von schlecht wärmeleitenden Materialien für die Abstützung des Heißkanals im kalten Werkzeug und zudem auf den zweigeteilten Schaft. Die Entwicklung der Blue-Flow-Dickschichtheizungen im Jahr 2010 war bereits einen großen Schritt in Richtung energieeffizientes Heißkanalsystem. Die sehr flinke Dickschichtheizung mit ihrer geringen Masse ermöglicht in Kombination mit dem zweigeteilten Schaft, bis zu 50 % der Energiekosten im Vergleich zu Wettbewerbssystemen einzusparen.
Um exakt detektieren zu können, wo eventuelle Energieverluste in welcher Höhe auftreten, setzt Günther schon seit 2011 auf eine 3D-Simulation der Wärmeverteilung und des Wärmehaushalts der Heißkanalsysteme. Damit können die Experten unerwünschte Energieverluste reduzieren. Außerdem können sie so eine gleichmäßige Temperaturverteilung im Heißkanalsystem gewährleisten.
Eine bessere Steuerung und zudem eine damit verbundene bessere Auslastung auf der Prozessebene kann die Energieeffizienz des Fertigungsprozesses steigern. Dazu gehört eine reaktionsschnelle Dickschichtheizung genauso wie in das Heißkanalsystem eingebrachte Sensoren.
Günther Heisskanaltechnik
Das Frankenberger Unternehmen Günther Heisskanaltechnik produziert als einer der Technologieführer im Bereich Heißkanal- und Kaltkanaltechnik mit mehr als 240 Mitarbeitern innovative und anwenderfreundliche Injektionssysteme für die kunststoff- und silikonverarbeitende Industrie. Zu den internationalen Kunden zählen führende Unternehmen der Branchen Automotive, Elektro/Elektronik, Medizintechnik, Verpackung und Konsumgüter.
rw
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