Direkt zum Inhalt

Digitalisierung als Treiber im Behälterbau

Den Behälter- und Apparatebau im Visier: Die Simona AG spricht über Möglichkeiten der Digitalisierung und die Herausforderungen der Coronakrise.
Corona macht auch vor dem Geräte- und Apparatebau nicht halt: Eric Schönel, Prokurist und Leiter für Marketing, Kommunikation und strategische Unternehmensentwicklung der Simona AG über herausfordernde Zeiten und welche Möglichkeiten gerade die Digitalisierung für diesen Bereich bereithält.

Den Behälter- und Apparatebau im Visier: Die Simona AG spricht über Möglichkeiten der Digitalisierung und die Herausforderungen der Coronakrise.

Wie entwickelt sich der Behälter- und Apparatebau weiter? Welche Rolle spielt dabei die Digitalisierung? Und wie wirkt sich eigentlich Corona auf die Branche aus? Antworten auf diese Fragen gewährt Eric Schönel. Er ist Prokurist und Leiter für Marketing, Kommunikation und strategische Unternehmensentwicklung der Simona AG, ein führender Hersteller und Entwicklungspartner thermoplastischer Kunststoffprodukte in Kirn.

Zunächst eine Frage zur Lage in der Simona AG: Hat sich die Corona-Krise speziell auf den Behälterbau ausgewirkt?
Eric Schönel:
Die Corona-Krise stellt die Gesellschaft und die Unternehmen vor immense Herausforderungen. Simona nimmt diese Herausforderungen an. Wir sind weiter weltweit während der gesamten Customer Journey für unsere Kunden da, von Angebot über Produktion bis zur Logistik. Unsere Auftragslage ist stabil, aber wir sehen in einigen Produktbereichen eine deutliche Abkühlung bei Auftragseingang und Versandtonnage. Dem steuern wir mit flexibler Kapazitätsanpassung gegen und nutzen dabei alle Instrumente von Urlaubs- und Überstundenabbau bis zu kurzfristigen Schließungen von Produktionen. In Deutschland ist die Einführung von Kurzarbeit wahrscheinlich.

Simona ist finanziell solide aufgestellt. Unsere Liquidität ist gut, unsere Eigenkapitalquote im Industrievergleich hoch und wir sind regional sowie in den Anwendungsgebieten breit diversifiziert. Selbst Worst-Case-Szenarien die wir für die Auswirkungen der Corona-Pandemie anstellen zeigen uns, dass Simona diese Krise gut überstehen kann. Unsere beiden Geschäftsbereiche Halbzeuge sowie Rohre und Formteile sind unterschiedlich von der Krise betroffen. Der Auftragseingang im Rohr- und Formteilgeschäft ist noch eher positiv, während im Halbzeugbereich, zu dem auch der Behälter- und Apparatebau gehört, deutlichere Rückgänge zu verzeichnen sind. Der Behälter- und Apparatebau ist Projektgeschäft. Treiber dieses Geschäfts ist die Investitionstätigkeit der chemischen und Maschinenbauindustrie. Lässt diese nach, spüren wir das mit einiger Zeitverzögerung in unserem Geschäft. Die Investitionsneigung unserer Kunden geht derzeit gegen Null. Erst wenn die Unsicherheit über die weitere Entwicklung zu Ende ist, wird sich das allmählich wieder ändern. Dabei sind die grundsätzlichen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen jenseits von Corona gut. Wir haben gerade in Europa ein gutes erstes Quartal abgeschlossen, auch wenn Corona hier schon im März einen Einfluss hatte. Mittelfristig sehen wir weiter gute Chancen, im Kernmarkt Behälter- und Apparatebau für Simona.

Was sind hier die wichtigsten Entwicklungstendenzen?
Schönel: Die Digitalisierung ist ein wichtiger Treiber der Entwicklung. Predictive Maintenance und Digital Twins ziehen in große Industrieanlagen ein, in denen unsere Produkte verbaut werden. Wir stellen „nur“ ein Halbzeug her, das Bestandteil einer Chemieanlage oder Anlage zur Halbleiter- oder Pharmaproduktion wird. Dennoch müssen früher oder später auch diese Bestandteile „smart“ werden und eine digitale Identität erhalten. Darüber hinaus erwarten Kunden und auch Handelspartner im chemischen Behälter- und Apparatebau heute ein breites Angebot an Werkstoffen und Einstellungen, um die immer weiter steigenden Anforderungen bedienen und Zulassungen erfüllen zu können. Simona hat die Produkttiefe und -breite in den letzten Jahren deutlich ausgebaut. Dazu gehören sowohl vollfluorierte Kunststoffe, wie zum Beispiel PFA, ECTFE und FEP. Außerdem verfügt Simona weltweit über das breiteste Angebot an FM-zugelassenen Platten, Stäben, Rohren und Formteilen.

Ad

Produkte mit „FM-Approvals“ sichern dem Betreiber einer Anlage die weltweit höchsten Standards in der Schadenprävention. Eine weitere wichtige Entwicklungstendenz ist die zunehmende Verbindung von Produkt und Service. Im chemischen Behälter- und Apparatebau kauft der Kunde von einem Plattenhersteller vor allem eines: Sicherheit. Die Auswahl des passenden Thermoplasts mit seinen individuellen Eigenschaften und Vorteilen muss immer in Hinblick auf das Prozessmedium erfolgen. Die Palette reicht von kritischen bis hin zu toxischen Substanzen, sodass stets die hohen Sicherheitsvorkehrungen im Vordergrund stehen. Das beginnt mit der – teils online-gestützten – Auswahl des optimalen Werkstoffs. Bereits bei der Anlagenplanung muss auf ein durchgängig hohes Sicherheitsniveau geachtet werden. Chemische Widerstandsfähigkeit gegenüber den zu lagernden oder zu transportierenden Medien, Temperaturbeständigkeit und Statik sind wichtige Kriterien. Simona hat ein weltweites Netz von Technical Service Centern die mit Unterstützung einer eigenen Behälterberechnungssoftware die Kunden bei der Auswahl beraten und mit technischen Verarbeitungshinweisen und einem Schulungsprogramm unterstützen. Dabei profitieren Kunden von dem Angebot an Platten in Kombination mit Rohren und Formteilen, das Simona als einer der wenigen am Markt anbieten kann.

Wie nehmen Sie die Nachhaltigkeitsdebatte war und was tun Sie?
Schönel:
Simona bedient ein breites Anwendungsspektrum. In der Simona City bauen unsere Kunden mit ihren Anwendungsbeispielen symbolisch an der Stadt der Zukunft mit. Sie ist voll von Beispielen für den nachhaltigen und intelligenten Einsatz von Kunststoffen. Unsere langlebigen Produkte helfen, Chemieanlagen sicherer zu machen, die Versorgung mit sauberem Trinkwasser zu ermöglichen oder durch ihr geringes Gewicht Emissionen zu reduzieren. Verantwortung tragen wir auch für den Umweltschutz. Wir arbeiten aktiv in zahlreichen Initiativen mit, um Kunststoffab-fälle zu reduzieren oder gar nicht erst entstehen zu lassen, Wertstoffkreisläufe aufzubauen oder Recycling-Materialien zu fördern. Auf der K 2019 sind wir der „Null-Granulatverlust Initiative“ des Pro-K Industrieverbands für Konsumgüter und Halbzeuge aus Kunststoff e.V. beigetreten und haben die organisatorischen Maßnahmen in unserem 6-S-Prozess verankert.

„Null Granulatverlust“ ist Teil einer globalen Initiative der Kunststoffindustrie. Weltweit beteiligen sich Kunststoffverbände unter dem Namen „Zero Pellet Loss“ sowie „Operation Clean Sweep“ an dieser Initiative, um den Verlust von Kunststoffgranulaten entlang der gesamten Lieferkette zu verhindern. Über die Mitgliedschaft beteiligt sich Simona auch an Projekten zur Verhinderung von „Marine Litter“. Mit Simogreen haben wir schon vor Jahren eine eigene Produktlinie mit biobasierten Rohstoffen entwickelt. Die technischen Anfragen nach der Performance und den Einsatzgebieten dieser Produkte mehren sich. Ziel für 2020 ist es, die vielen Einzelmaßnahmen noch besser verzahnen und in ein Gesamtkonzept zu bringen. Dabei wollen wir uns auch an den „Sustainable Development Goals“ der Vereinten Nationen orientieren. Im Mittelpunkt stehen dabei die Anforderungen, die unsere Kunden in Zukunft an uns stellen werden.

Vielen Dank für das Gespräch.

Rebekka Sara Stehle/db

Passend zu diesem Artikel