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Coronavirus 30. April 2021

Die Fakuma will der Corona-Pandemie trotzen

Bettina Schall, Geschäftsführerin der P. E. Schall GmbH & Co. KG, spricht im Interview über die Auswirkungen von Corona und die Zukunft der Fakuma.
Bettina Schall ist sich sicher, dass mit ihrem Konzept für Sicherheit und Hygiene - in Bezug auf die Corona-Pandemie - eine Fakuma stattfinden kann.
Bettina Schall ist sich sicher, dass mit ihrem Konzept für Sicherheit und Hygiene - in Bezug auf die Corona-Pandemie - eine Fakuma stattfinden kann.

Bettina Schall, Geschäftsführerin der P. E. Schall GmbH & Co. KG, spricht im Interview über die Auswirkungen von Corona und die Zukunft der Fakuma.

Im Exklusiv-Interview mit der K-ZEITUNG spricht Bettina Schall über die Auswirkungen der Corona-Pandemie auf ihre Branche und gibt einen Ausblick auf die kommende Fakuma und deren Zukunft. Das vergangene Jahr war für alle Messeveranstalter mit vielen Herausforderungen verbunden. Auch in diesem Jahr sind in Europa im Moment keine nennenswerten Änderungen in Sicht. Anders sieht die Lage in China aus. Hier ist kürzlich mit der Chinaplas eine der ersten Präsenzveranstaltungen für die Kunststoffbranche 2021 über die Bühnen gegangen. Das sollte auch allen europäischen Messeveranstaltern Hoffnung machen. 

Bettina Schall: Das Jahr 2020 erschien über weite Strecken geradezu surreal. Wer hätte gedacht, dass wir ein Jahr ganz ohne Messen erleben werden? Eine solche Situation war absolut neu. Dieses Virus mit all seinen Folgen für Leben, Arbeit und Gesellschaft hat uns zum Jahresbeginn 2020 völlig unvermutet und unvorbereitet getroffen. Besonders der Lockdown im Frühjahr schien wie Science Fiction: leere Straßen, geschlossene Restaurants, Theater und Kinos – und gähnend leere Messehallen. Diese totale Lähmung war schockierend. Aber während des Sommers haben wir mit Hochdruck an unseren Herbstmessen und an Sicherheits- und Hygienekonzepten gearbeitet, leider umsonst. 2020 – das war vor allem Stillstand und Ungewissheit. 

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Schall: Ob und welche konkreten Pläne es aus der Politik gibt, kann ich nicht sagen. Sie wissen selbst, dass Politik und Behörden „auf Sicht“ handeln und getrieben sind vom Infektionsgeschehen, das sich leider als sehr dynamisch herausstellt und in diesen Tagen wieder an Fahrt aufnimmt. Wir als Messeveranstalter – und mit uns die Aussteller und alle Unternehmen, die dringend die nächste Fakuma erwarten – bereiten alles Erforderliche vor, um die Messe durchzuführen. Es wäre sehr gut und wichtig, wenn die Politik für einen raschen Impffortschritt sorgen könnte.

Die Fakuma kann mit allen Corona-bedingten vorgaben starten

Schall: Ganz richtig, die Branche hofft dringend auf die nächste Präsenzveranstaltung. Die Aussteller wollen ihre Neuheiten endlich wieder live vorstellen können, und Anwender und Kunden warten dringend auf die Präsentation neuer Produkte und technologischer Lösungen, um ihre jeweiligen industriellen Aufgaben erledigen zu können. Mit einem klaren Konzept für Sicherheit und Hygiene, das hinsichtlich Standgröße, Abstandsregelung, Wegeführung und Desinfektionsmöglichkeiten alle Corona bedingten Vorgaben erfüllt, kann die Messe sicher starten und für alle Beteiligten erfolgreich durchgeführt werden.

„Keine noch so gute virtuelle Präsentation kann den menschlichen, persönlichen Kontakt ersetzen, erst recht nicht den fachlichen Austausch.“

Bettina Schall

Schall: Unsere Plattform Fakuma-Virtuell ist ja längst gelauncht und bietet den Ausstellern und Besuchern auf digitalem Weg die Möglichkeit, Messegeschehen rund um die Uhr abzubilden – also Produktpräsentationen, Lösungskonzepte, fachlicher Austausch, Webveranstaltungen. Hiermit haben wir einen digitalen Marktplatz geschaffen, um Messehighlights und technologische Weiterentwicklungen in virtuellen Showrooms zu präsentieren. Außerdem hat der User die Möglichkeit, direkt in Kontakt mit Anbietern zu treten und eine individuelle Fragestellung zu formulieren und abzusenden. Diese virtuelle Messe besteht übers ganze Jahr an allen Tagen rund um die Uhr und ist ein wesentliches Tool, um den fachlichen Kontakt zwischen Anbietern und Anwendern aufrechtzuerhalten. 

Schall: Das sehe ich auch so. Keine noch so gute virtuelle Präsentation kann den menschlichen, persönlichen Kontakt ersetzen, erst recht nicht den fachlichen Austausch. In unseren Branchen genügt eine virtuelle Kommunikation aus der Ferne nicht. Es geht schließlich nicht um Katalogprodukte, sondern meistens um komplexe Sonderanlagen, Lösungsprozesse, großvolumige Investitionen mit langfristiger Zusammenarbeit. Dafür ist es wichtig, dass Menschen einander treffen, auf Augenhöhe miteinander sprechen, Vertrauen aufbauen. Außerdem wollen und müssen Fachbesucher Produkte real sehen und anfassen. Virtuelle Shows sprechen nicht alle Sinne an, aber Präsenzmessen tun das!

Schall: Die Branche scharrt mit den Hufen! Die Messe ist ausgebucht, die Aussteller wollen zeigen, was sie weiterentwickelt und dem Markt zu bieten haben, die Fachbesucher warten auf Antworten auf ihre Fachfragen. Wir sind also bereit!

Das negative Image von Kunststoff muss ins positive gekehrt werden

Schall: Die Kunststoffbranche – sowohl die Kunststoffhersteller, die Verarbeiter, die Kunststoffmaschinenbauer und auch die Anwender – hatten sich noch nie so intensiv wie derzeit mit zukunftsweisenden Fragestellungen und nachhaltigen Lösungsansätzen zu beschäftigen. Denn dem Kunststoff haftet allgemein ein negatives Image an, vor allem verursacht durch die meist unkontrollierten Einträge von Abfällen in die Umwelt, das muss aufgeklärt werden. Denn Kunststoffe haben auch ökologische Vorteile, zum Beispiel dienen Verpackungen dem Schutz und der Haltbarkeit, Leichtbaulösungen sparen Energie. Selbstverständlich sind die Abfälle in der Umwelt zu vermeiden und zu beseitigen! Es muss vor allen Dingen konsequent recycelt werden. Die Kreislaufwirtschaft steht also bei jedem Unternehmen der Branche ganz oben auf der Agenda, aber sie ist nicht trivial, sondern eine Herausforderung. Kunststoffverarbeiter müssen auf die Recyclingfähigkeit der eigenen Produkte achten und selbst Rezyklate einsetzen – hier sind die Aspekte Qualität und Hygieneanforderungen entscheidend. Materialien wiederzuverwenden ist nicht nur ökologisch sinnvoll, sondern auch ökonomisch. Die Branche befasst sich daher nicht nur mit der Herstellung und Gestaltung eines Produkts, sondern an sein komplettes Produktleben und seine Wiederverwendbarkeit. Bei vielen Unternehmen werden wir das „Design for Recycling“ als Überschrift sehen.

Schall: Natürlich hält die KI auch Einzug in die Kunststoffbranche, und wir dürfen gespannt sein, inwieweit die Unternehmen Software und neue Algorithmen beim Produktdesign, beim Werkstoffverhalten und bei den Maschinen einsetzen. Das ist ein sehr spannendes Zukunftsthema auch für die Fakuma!

Schall: In der Tat sind hier einige Verbesserungen zu nennen, wie zum Beispiel die neue Streckenführung der Bundesstraße 31 aus westlicher Richtung. Damit werden die berüchtigten Staus in den Vororten wie in der Zentrumsperipherie von Friedrichshafen vermieden, was Zeit und Nerven spart. Des Weiteren wurden neue Hotels gebaut bzw. noch mehr „messenahe“ Übernachtungsmöglichkeiten geschaffen, sodass auch hier eine gewisse Entspannung zu verzeichnen ist.

„Die Aussteller wollen zeigen, was sie weiterentwickelt und dem Markt zu bieten haben.“

Bettina Schall

Schall: Das Messegelände am Bodensee ist zwar ein sehr reizvoller Standort. Aber leider sind Verbesserungen hinsichtlich Größe und Struktur nicht mehr möglich. Das liegt einfach darin begründet, dass die Möglichkeiten zur optimierten Ausnutzung der zur Verfügung stehenden Flächen ausgeschöpft sind.

Schall: Tatsächlich ist es so, dass der bestehende Zehnjahresvertrag jetzt abgelaufen ist. Wir stehen diesbezüglich mit Friedrichshafen in engem Kontakt, sodass wir heute schon sagen können, dass die Fakuma 2023 und auch 2024 definitiv in Friedrichshafen stattfinden wird – das ist also gesetzt. Was den Standort betrifft – hier können wir uns viele Möglichkeiten vorstellen, allerdings nur in enger Abstimmung mit den Ausstellern.

Zur Person
Dipl.-Kffr. Bettina Schall ist Geschäftsführende Alleingesellschafterin des Messeunternehmen P. E. Schall GmbH & Co. KG sowie der Unternehmen der Schall-Gruppe. Nach dem Studium der Betriebswirtschaft an der Universität Mannheim, und dem Abschluss als Diplom-Kauffrau, erfolgte im Jahr 1988 der Eintritt ins Messeunternehmen Schall. Zunächst in leitender Funktion zuständig für die Bereiche Öffentlichkeitsarbeit und Werbung, wurde Frau Schall im Jahr 2003, nach der Heirat mit Paul Eberhard Schall, dem Pionier für die Entwicklung und Etablierung technischer Fachmessen, in die Geschäftsleitung berufen. Seit dem Tod von Paul Eberhard Schall im Jahr 2016 führt Bettina Schall in Alleinregie das Lebenswerk ihres Mannes fort.

Stefan Lenz

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