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Management 8. März 2017

Das Beste aus zwei Welten

Um das Thema "agiles versus klassisches Projektmanagement" entbrennen regelrechte Grabenkämpfe in der Projektmanagement-Community. Während in der klassischen Wasserfallplanung ein Projekt vorab relativ präzise anhand von Meilensteinen und Terminen geplant wird, handelt es sich bei den agilen Methoden um ein iteratives Vorgehen mit benutzbaren Teilergebnissen.
Dr. Andreas Tremel, Gründer und Geschäftsführer des Projektmanagement-Softwareherstellers Inloox
Dr. Andreas Tremel, Gründer und Geschäftsführer des Projektmanagement-Softwareherstellers Inloox

Um das Thema "agiles versus klassisches Projektmanagement" entbrennen regelrechte Grabenkämpfe in der Projektmanagement-Community. Während in der klassischen Wasserfallplanung ein Projekt vorab relativ präzise anhand von Meilensteinen und Terminen geplant wird, handelt es sich bei den agilen Methoden um ein iteratives Vorgehen mit benutzbaren Teilergebnissen.

Dr. Andreas Tremel, Gründer und Geschäftsführer des Projektmanagement-Softwareherstellers Inloox erklärt, wie er diese Spaltung der Projektmanagement-Welt sieht.

Herr Dr. Tremel, wie könnte man einem Projektmanagement-Neuling die Unterschiede zwischen den beiden Vorgehensmodellen beschreiben?

Dr. Andreas Tremel:

Anhänger klassischer Methoden wie dem Wasserfall-Modell gehen davon aus, dass eine möglichst präzise Definition der gewünschten Projektergebnisse und eine konkrete Vorabplanung die Grundlage für den Projekterfolg sind. Zum Projekt gehörigen Vorgänge, ihre logischen Abhängigkeiten und zeitliche Abfolge sowie Termine, Deadlines und Meilensteine werden definiert, bevor das Projekt startet. In der Softwareentwicklung etwa wird der Leistungsumfang der fertigen Software vorab detailliert festgelegt, genauso wie der Weg, der zum Produkt führen soll.

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Zu den Prinzipien der Agilität gehört dagegen das iterative Vorgehen. In regelmäßigen Abständen erhält der Auftraggeber ein voll funktionsfähiges Zwischenprodukt, das so bereits auf dem Markt eingeführt werden kann. So kann der Auftraggeber die Zwischenergebnisse kontrollieren und Rückmeldungen dazu einholen. Auf Basis dieser Erkenntnisse kann der ursprüngliche Plan dann angepasst und am nächsten Zwischenergebnis gearbeitet werden. Zwischenzeitlich können sowohl der Auftraggeber als auch der Auftragnehmer ihre Zielsetzungen überprüfen und sie falls notwendig an veränderte Rahmenbedingungen anpassen.

Die Methode kann aber nur Erfolg haben, wenn sich alle Beteiligten auf einen sich ändernden – sprich: einen agilen – Ansatz einlassen. Das fertige Produkt entspricht meist nicht mehr in allen Aspekten der ursprünglichen Konzeption, ist aber an die aktuellen Anforderungen optimal angepasst. Das ist ein klarer Mehrwert für den Auftraggeber.

Beispiel einer klassischen Wasserfallplanung
Beispiel einer klassischen Wasserfallplanung

Spaltet die Frage "agil versus klassisch" tatsächlich die Projektmanagement-Welt?

Dr. Andreas Tremel:

Werte des Agilen Manifestes wie etwa "Reagieren auf Veränderung zählt mehr als das Befolgen eines Plans" werden manchmal von Vertretern klassischer Projektmanagement-Methoden als Kampfansage aufgefasst, aber das ist eher die Ausnahme.

Die strikte Trennung beider Welten ist eher akademischer Natur, da in der Praxis oft beide Modelle erfolgreich kombiniert werden. Die Fragestellung nach dem einzig richtigen Paradigma wird häufig als Denkanstoß auf Messen und in den Medien verwendet, deshalb wird gerne der Eindruck einer gespaltenen Branche erweckt. Die meisten Projektmanager wollen jedoch nur ihr Projekt pünktlich und budgettreu abliefern und sind dabei wenig dogmatisch. In der Praxis treffe ich daher sehr oft auf hybride Ansätze, weil gute Projektmanager situationsabhängig die Tools aus dem Methodenkoffer auswählen, die zum jeweiligen Projekt und seinen Umständen passen.

Für welche Projekte empfehlen Sie das klassische Vorgehen und welche Projekte sollte man agil steuern? Kann man darauf eine pauschale Antwort geben?

Dr. Andreas Tremel:

Pauschale Antworten auf diese Frage sind in der Regel unseriös. Zahlreiche Studien haben sich in der letzten Zeit mit diesem Thema beschäftigt – mit zum Teil recht unterschiedlichen Ergebnissen. Diese uneinheitlichen Ergebnisse bringen zum Ausdruck, dass agile Methoden in der Praxis kein Allheilmittel sind. Zum anderen zeigen sie, dass es so etwas wie die "beste" Projektmanagement-Methode nicht gibt. Es hängt immer stark von den beteiligten Unternehmen, dem jeweiligen Projekt und der aktuellen Situation ab, welche Richtung ein Projektteam einschlagen sollte.

Ein wichtiger Faktor ist dabei die Unternehmenskultur bei Auftraggeber und Dienstleister. Ein agiles Vorgehen baut auf ein hohes Maß an Selbstorganisation und Eigenverantwortung. Wenn Ihr Projektteam aus lauter Azubis besteht, sind diese wahrscheinlich heillos überfordert mit der Selbstorganisation. Manche Mitarbeiter fühlen sich wohler, wenn sie zu vorab festgelegten Terminen genau definierte Aufgaben erledigen können. Ein guter Projektleiter kann genau das einschätzen, und sein Team so führen, dass es die Aufgaben am besten erledigt.

Dort, wo Ziele, Anforderungen, Leistungen und Abläufe verbindlich formuliert werden können und aller Voraussicht nach über den gesamten Projektverlauf konstant bleiben, sind ebenfalls klassische Methoden zu empfehlen. Viele unserer Kunden aus dem produzierenden Gewerbe planen klassisch, weil in ihren Projekten jede Abweichung von vorab definierten Spezifikationen zu enormen Mehrkosten führen würde. Technische Schnittstellen zu teuren Produktionsmaschinen lassen beispielsweise keinerlei Spielraum zu und müssen ohne Wenn und Aber zum genannten Termin fertig sein. Eine Verlegung in eine der folgenden Iterationen wäre ein Nachteil für das Unternehmen.

Beispiel einer agilen Methode: Scrum
Beispiel einer agilen Methode: Scrum

Für welche Vorgehensweise haben Sie sich bei Inloox entschieden?

Dr. Andreas Tremel:

Im Unternehmen wie auch in unserer Software nutzen wir abhängig vom Projekt agile und klassische Methoden und kombinieren sie nach Bedarf.

Häufig macht nicht eine bestimmte Methode den Unterschied, sondern eher die Randbedingungen. Ein wichtiger Erfolgsfaktor von agilen Projekt ist die intensive Projektkommunikation. Teams, die sich zu täglichen kurzen Meetings treffen und mehrmals pro Woche in Kontakt mit dem Kunden stehen, sind deutlich erfolgreicher als Teams, in denen wenig kommuniziert wird. Auch die Priorisierung von Aufgaben, die agilen Methoden eigen ist, macht Projekte erfolgreicher. Derartige Aspekte lassen sich ohne Probleme auch in eine klassische Vorgehensweise integrieren.

mm

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