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Dämmstoffe mit Formgedächtnis schäumen

Drei Fraunhofer-Institute entwickelten aus geschäumten Polymeren intelligente Dämmstoffe mit Formgedächtnis, die viel Energie sparen können.
Die synthetisierten Formgedächtnis-Polymere werden auf speziellen Reaktivschäumanlagen zu Dämmstoffen verarbeitet.

Drei Fraunhofer-Institute entwickelten aus geschäumten Polymeren intelligente Dämmstoffe mit Formgedächtnis, die viel Energie sparen können.

Neue Hightech-Schäume aus Formgedächtnis-Polymere sollen als funktionale Dämmstoffe im Bauwesen Anwendung finden. Derzeit werden derartige Schaumstoffe aus Polyester-Urethan-Harnstoff von den Fraunhofer-Instituten für Angewandte Polymerforschung IAP, für Chemische Technologie ICT und für Bauphysik IBP entwickelt und getestet. Die drei Institute arbeiten im Rahmen des Fraunhofer Clusters of Excellence Programmable Materials.

Programmierbare Materialien sind form- und funktionsdynamische Materialien, deren innere Struktur so beschaffen ist, dass sich ihre Eigenschaften und ihr Verhalten einem Programm folgend reversibel verändern können. Ein Beispiel: Die Antwort eines Materials auf ein Signal wie eine Temperaturänderung ist fest in die Materialstruktur einprogrammiert. Das Verhalten kann von außen getriggert werden, so dass sich das Material in vorbestimmter Weise an sich verändernde Temperaturen anpasst.

Temperatur steuert Schäume mit Formgedächtnis

Auch Schaumstoffe aus Formgedächtnis-Polymer, z. B. Polyester-Urethan-Harnstoff, können eine solche Funktionalität aufzuweisen. Beispiel: Ändert sich die Temperatur, ändert sich auch die Form des Schaumstoffs. Bei welcher Temperatur die reversible Formänderung ausgelöst wird und in welche Richtung sie geschieht, kann durch eine thermomechanische Behandlung im Vorfeld festgelegt werden. So könnten Dämmstoffe aus so einem Schaum Strömungskanäle beinhalten, deren Dimension sich mit der Temperatur verändert. Entsprechend gut oder schlecht strömt warme oder kalte Luft durch den Dämmstoff hindurch.

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Dämmstoffe, die sich autark anpassen

„Wir entwickeln autarke Dämmstoff-Systeme mit einer schaltbaren Luftdurchlässigkeit. Je nach Temperatur verändert das Dämmmaterial dabei die Form, z. B. den Durchmesser der Strömungskanäle und damit auch den Wärmedurchgang. Bei niedrigen Temperaturen sind die Strömungskanäle geschlossen, der Dämmstoff isoliert. Beim Erwärmen öffnen sich die Kanäle, Luft durchströmt diese stärker, was Wärme abführt“, erklärt Dr. Thorsten Pretsch, der die Arbeitsgruppe Formgedächtnispolymere am Fraunhofer IAP leitet.  „Das ist vor allem für Anwendungen interessant, bei denen Außentemperaturen stark wechseln. In unserem Projekt haben wir Demonstratoren zur Hinterlüftung der Außenfassade eines Einfamilienhauses entwickelt. Dabei handelt es sich um einen thermisch schaltbaren Spalt zwischen der dämmenden Außenschicht und der tragenden Konstruktion des Gebäudes.“

Bei der Polymer-Synthese die Schalttemperatur einstellen

Am Fraunhofer IAP werden die programmierbaren Hightech-Schäume synthetisiert und die Programmierung der Eigenschaftsprofile entwickelt. Bereits in der Synthese werden die Temperaturen festgelegt, bei denen später die Formänderungen erfolgen. Hierzu werden einerseits die passenden Monomere ausgewählt und die Reaktionsbedingungen angepasst, andererseits geeignete Additive oder Füllstoffe hinzugegeben, etwa um die Schaumstruktur zu beeinflussen.

Um auch große Mengen an Dämmmaterial für industrielle Anwendungen herstellen zu können, werden am Fraunhofer ICT Verfahren für die Skalierung der Polymer-Synthese gezielt weiterentwickelt. Zudem werden die Proben einer zerstörungsfreien Prüfung mittels Mikro-Computertomographie unterzogen.

Am Fraunhofer IBP wird der Wärmedurchgang praxisnah bewertet. Die mechanischen Eigenschaften werden charakterisiert und Simulationen für konkrete Anwendungen durchgeführt. „Unsere Simulationen einer hinterlüfteten Fassade eines Mehrfamilienhauses in Madrid zeigen, dass mit den schaltbaren Dämmstoffen in den Sommermonaten die operative Raumtemperatur um 2,5 °C reduziert bzw. bis zu 46 Prozent an Energie für die Kühlung eingespart werden könnte“, erklärt Prof. Dr. Martin Krus vom Fraunhofer IBP.

mg

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