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Prüftechnik 30. September 2020

Chromatograf erleichtert Analytik von Kunststoffen

Ein neuer Chromatograf, entwickelt am Fraunhofer LBF, deckt das gesamte Spektrum der Schwingungsspektroskopie für die Analytik von Polyolefincompounds ab.
Schwankungen in der Zusammensetzung Polypropylen-basierter Reaktorblends, die mittels Chromatograf identifiziert wurden.
Schwankungen in der Zusammensetzung Polypropylen-basierter Reaktorblends, die mittels Chromatograf identifiziert wurden.

Ein neuer Chromatograf, entwickelt am Fraunhofer LBF, deckt das gesamte Spektrum der Schwingungsspektroskopie für die Analytik von Polyolefincompounds ab.

Der Chromatograf für die Analytik von Polyolefincompounds entstand in Kooperation mit dem spanischen Gerätehersteller Polymer Char. Er ist mit jeweils einem neu entwickelten Infrarot (IR)- und UV-Detektor ausgerüstet und ermöglicht Betriebstemperaturen bis zu 200 °C. Dadurch ergeben sich neue Perspektiven für die Untersuchung von Polyolefinen, Olefincopolymeren und deren Compounds. Beispielsweise lassen sich so Propylen-basierte Reaktorblends mit bisher nicht erreichbarer Genauigkeit untersuchen und Chargenschwankungen aufzeigen.

„Moderne chromatografische Methoden sind unentbehrliche Werkzeuge bei der Entwicklung von Polyolefinen und bei der Sicherstellung ihrer Qualität. Sie ermöglichen es, die in den Materialproben enthaltenen Polymerketten nach Größe oder Chemie zu trennen und dann zu quantifizieren“, erklärt Dr. Robert Brüll, Group Manager Material Analysis am Fraunhofer LBF. „Das macht sie zu einem wertvollen Instrument bei der Analyse von Materialproben im Sinne einer Wareneingangskontrolle, beispielsweise zur Detektion von Fehlchargen, wie auch bei der quantitativen Bestimmung von Materialveränderungen infolge der Anwendung.“

Das Spektrum der Analytik kann stark erweitert werden – hier der Nachweis von unterschiedlichen Additiv-Gehalten in Polyethylen mittels GPC-UV.
Das Spektrum der Analytik kann stark erweitert werden – hier der Nachweis von unterschiedlichen Additiv-Gehalten in Polyethylen mittels GPC-UV.

Chromatograf erfasst Chargenschwankungen

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Eine in der analytischen Routinepraxis weit verbreitete Methode zur molekularen Charakterisierung von Polyolefinen, wie auch anderen Polymeren, ist die Gelpermeationschromatografie (GPC). Diese ermöglicht eine Auftrennung der Probe nach Molekulargewicht. In der Regel wird nur die Konzentration der getrennten Moleküle bestimmt. Informationen zu deren Zusammensetzung werden jedoch nicht erhalten. „Die genaue Ermittlung der chemischen Zusammensetzung stellt eine Herausforderung an die eingesetzten Detektoren dar, und kann lediglich durch die Kombination entsprechender spektroskopischer Techniken erreicht werden. Gerade bei Polyolefinen bestand hier eine technologische Lücke, da diese aufgrund ihres teilkristallinen Charakters erst bei deutlich erhöhten Temperaturen in Lösung gehen, und daher entsprechend temperaturbeständige Instrumentierung benötigen“, betont Brüll.

Weiteres Spektrum der Additivanalytik

Die Materialeigenschaften von Formulierungen werden heute mittels Additive flexibel und kostengünstig maßgeschneidert, also designt. Existierende Methoden, die einen hohen Zeit- und Arbeitsaufwand benötigen, eignen sich jedoch nicht zu einer engmaschigen Qualitätskontrolle. Zudem können schwer extrahierbare Additive auf diesem Weg nicht analysiert werden. Hier eröffnen die neu entwickelten Detektoren (IR- und UV- Detektor) neue Möglichkeiten für eine schnelle und akkurate Analyse von Additiven, indem in einem Arbeitsschritt die Formulierung chromatisch aufgetrennt und spektroskopisch erfasst werden. Hiermit kann das Spektrum der Additivanalytik stark erweitert werden.

Vergleich des MAH-Gehalts als Funktion der Molmasse von zwei mittels reaktiver Extrusion modifizierten Polyolefin-Proben – ermittelt aus GPC-IR-Daten.
Vergleich des MAH-Gehalts als Funktion der Molmasse von zwei mittels reaktiver Extrusion modifizierten Polyolefin-Proben – ermittelt aus GPC-IR-Daten.

Reaktive Extrusion

Die Reaktivextrusion ist eine sehr flexible und ökonomische Möglichkeit, Polyolefincompounds mit maßgeschneiderten Eigenschaftsprofilen herzustellen. Ein bekanntes Beispiel ist die Modifikation von Polyethylen oder Polypropylen mit Maleinsäureanhyrid (MAH) zur Erhöhung der Polarität. Die finalen Eigenschaften der modifizierten Polyolefine werden insbesondere von der Menge und der Verteilung der MAH-Gruppen geprägt. Durch die Möglichkeit, diese parallel zur Menge der getrennten Polymerketten separat zu detektieren, liefert der vom Fraunhofer LBF neu entwickelte Chromatograf in nur einem Untersuchungsschritt entscheidende Informationen zur Qualität des MAH-modifizierten Materials.

Um Wirkzusammenhänge von Schwingfestigkeitseigenschaften bei Kunststoffen geht es in einem anderen Projekt des Fraunhofer LBF. Dabei setzen die Forscher auf Big Data.

sk

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