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Recycling 23. Januar 2023

BVSE sieht chemisches Recycling sehr kritisch

Nach Überzeugung des BVSE-Experten Dr. Thomas Probst gibt es im Bereich Kunststoffleichtverpackungen keinen Platz für das chemische Recycling.

Nach Überzeugung des BVSE-Experten Dr. Thomas Probst benötigt das chemische Recycling genau den LVP-Abfallstrom, der auch für das werkstoffliche Recycling gebraucht wird. 
Nach Überzeugung des BVSE-Experten Dr. Thomas Probst benötigt das chemische Recycling genau den LVP-Abfallstrom, der auch für das werkstoffliche Recycling gebraucht wird. 

Während viele große Chemiekonzerne und Kunststoffhersteller wie zum Beispiel BASF, Covestro oder Sabic große Hoffnungen auf das chemische Recycling von Kunststoffen setzen und massiv in diese Technologie investieren, steht der Bundesverband Sekundärrohstoffe und Entsorgung e.V. BVSE dem chemischen Recycling sehr kritisch gegenüber.

„Werkstoffliches Recycling ein Riesenerfolg“

So machte der BVSE-Experte Dr. Thomas Probst in der Anhörung des Umwelt- und des Wirtschaftsausschusses im Landtag von Nordrhein-Westfalen deutlich, dass im Bereich der Kunststoffleichtverpackungen kaum Platz sei für das chemische Recycling. Er verwies darauf, dass die von der Verpackungsverordnung für 2023 vorgeschriebene Recyclingquote von 63 % inzwischen übertroffen wurde und im Jahr 2021 schon bei fast 66 % lag. „Das werkstoffliche Recycling ist also ein Riesenerfolg“, betonte Probst vor den Abgeordneten.

In seiner schriftlichen Stellungnahme hebt Probst zudem hervor, dass die großen Erfolge des werkstofflichen Recyclings belastbar und dokumentierbar sind. Der Rezyklateinsatz aus Post-Consumer- und Post-Industrial-Abfällen betrug in 2021 rund 1,65 Mio. t. Daneben wurden rund 0,64 Mio. t an Nebenprodukten wiederverwendet.

Im Gegensatz zum werkstofflichen Recycling beruhen die Aussagen zum chemischen Recycling laut Dr. Probst auf Annahmen, Vorstudien und Studien. Inzwischen seien allerdings auch einige technische Anlagen sowie Kleinanlagen in Betrieb, die relativ geringe Produktmengen erzeugen.

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Chemisches Recycling sehr energieaufwendig

Dr. Thomas Probst führt in seiner Stellungnahme weiter aus, dass das chemische Recycling die zuvor über mehrere Prozessschritte aufwendig hergestellten Neukunststoffe zerstöre. Dabei entstünden unterschiedliche Bruchstücke, die vor der weiteren Verwendung erst aufgetrennt und in weiteren Schritten verarbeitet werden. Diese Prozesse seien sehr energieaufwendig und setzten große Mengen an CO2 frei. Erschwerend komme noch hinzu, dass nur ein Teil der erhaltenen Bruchstücke als Synthesebausteine für die Kunststoffneuproduktion eingesetzt werden.

Werkstoffliche Recycling erlaubt Mehrfachnutzung des Rohstoffs

Im Gegensatz hierzu erhalte das werkstoffliche Recycling sowohl die Polymerstruktur wie auch die zugesetzten Additive und, soweit zugesetzt, ebenso die Füllstoffe und die Verstärkungsstoffe. Und genau dadurch sei das werkstoffliche Recycling ökologisch so vorteilhaft, weil dies die Mehrfachnutzung des Rohstoffs ermögliche. Darüber hinaus verbrauchten nach Erfahrung von Dr. Probst die notwendigen Schritte zum thermischen Umformen der recycelten Kunststoffmassen nur etwa ein Drittel der Energie, die für die Kunststoffsynthese notwendig ist.

Nach Worten von Dr. Probst werde zudem von Befürwortern des chemischen Recyclings nach wie vor argumentiert, dass dieses eventuell für die Kunststoffabfälle eingesetzt werden könne, die sich nicht werkstofflich recyceln lassen. Tatsächlich sei es aber so, dass das chemische Recycling gut bis sehr gut aufbereitete PO-reiche Abfallströme benötige, die störstoffentfrachtet sind. „Das ist genau der LVP-Abfallstrom, der auch für das werkstoffliche Recycling gebraucht werde“, so BVSE-Experte.

Damit entkräftete Thomas Probst in der Landtags-Anhörung auch die Überlegung, dass Kunststoffabfälle aus Leichtverpackungen (LVP), die in Müllverbrennungsanlagen verwertet werden, für das chemische Recycling genutzt werden können. Probst ist überzeugt: „Das, was in die Müllverbrennung geht, würde ein chemischer Recycler nicht nehmen. Niemals!“

Im Gegensatz zu Dr. Probst vom Fachverband Kunststoffrecycling im BVSE sehen allerdings verschiedene andere Experten mechanisches und chemisches Recycling nicht als Konkurrenz, sondern vielmehr als perfekte Ergänzung. Mehr dazu in diesem Beitrag der K-ZEITUNG. gk

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