Blaualgen für die Biokunststoff-Produktion
Mikrobiologen haben Blaualgen derart modifiziert, dass sie für die industrielle Produktion des Biokunststoffs PHB eingesetzt werden könnten.
Als Nebenprodukt der Fotosynthese stellen Blaualgen (Cyanobakterien) den Biokunststoff PHB her – quasi eine Produktion auf natürlicher, umweltschonender Basis. Forschern der Universität Tübingen ist es nun erstmals gelungen, den Stoffwechsel der Bakterien so zu verändern, dass sie den Biokunststoff PHB (Polyhydroxybutyrat) in Mengen produzieren, die eine industrielle Nutzung ermöglichen. Die Forschungsgruppe unter Leitung von Prof. Karl Forchhammer vom Interfakultären Institut für Mikrobiologie und Infektionsmedizin legte ihre Ergebnisse vor kurzem in mehreren Studien vor, die in den Fachjournals Microbial Cell Factories und PNAS erschienen.
Der Biokunststoff PHB ist ähnlich einsetzbar wie Polypropylen, schneidet aber hinsichtlich CO2-Bilanz deutlich besser ab. Zudem ist er schadstofffrei biologisch abbaubar, was die Probleme mit dem Meeresmüll mindert.
Biokunststoff-Bakterien für die PHB-Produktion
Allerdings ist die von Blaualgen produzierte PHB-Menge normalerweise sehr gering. Der Tübinger Forschungsgruppe gelang es nun, in den Bakterien ein Protein zu identifizieren, das den Kohlenstofffluss in Richtung PHB innerhalb der Bakterienzelle drosselt. Nach Entfernen des entsprechenden Regulators sowie weiteren genetischen Veränderungen stieg die von den Bakterien produzierte PHB-Menge enorm an und machte schließlich über 80 % der Gesamtmasse der Zelle aus. „Wir haben regelrechte Biokunststoff-Bakterien erschaffen“, sagt Dr. Moritz Koch, Erstautor der in Microbial Cell Factories veröffentlichten Studie.
Blaualgen, auch als Cyanobakterien bezeichnet, gehören zu den unscheinbarsten und doch mächtigsten Akteuren auf unserem Planeten. Es waren Blaualgen, die vor etwa 2,3 Mrd. Jahren durch Fotosynthese unsere Atmosphäre sowie die vor UV-Strahlung schützende Ozonschicht schufen. „Cyanobakterien sind gewissermaßen die Hidden Champions unseres Planeten“, betonte Koch: „Das unterstreicht das enorme Potenzial, das diese Lebewesen mitbringen.“
Blaualgen könnten Kunststoff-Produktion revolutionieren
Da die blaugrünen Bakterien lediglich Wasser, CO2 und Sonnenlicht brauchen, sind sie nach Einschätzung der Forscher optimale Akteure für eine klimaschonende und nachhaltige Produktion. „Einmal in der Industrie etabliert könnte die gesamte Kunststoffproduktion revolutioniert werden“, sagte Koch. Langfristiges Ziel sei, den Einsatz der Bakterien zu optimieren und so weit zu skalieren, dass ein großtechnischer Einsatz möglich werde.
mg
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