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Biopolymere im breiten Einsatz

Innonet Kunststoff fokussiert Chancen und Herausforderungen bei einer internationalen Tagung für Biopolymere.
Fast 100 Fachleute diskutierten auf der Internationalen Tagung für Bioplastics im Plastics Innocentre in Horb am Neckar.

Innonet Kunststoff fokussiert Chancen und Herausforderungen bei einer internationalen Tagung für Biopolymere.

„Biopolymere helfen nicht nur, die CO2-Bilanz zu senken, sondern bietet vielfältige Möglichkeiten für neue Märkte”, erklärte der Moderator Prof. Dr. Matthias Zscheile, CEO des Bioeconomy Cluster, im Rahmen der Internationalen Tagung für Bioplastics im Plastics Innocentre in Horb am Neckar. Fast 100 Fachleute, darunter Teilnehmer aus Finnland, Frankreich, Italien, Schweiz und Tschechien, wurden von Dr. Joachim Schätzle, Leiter Forschung & Vorentwicklung der Fischerwerke begrüßt. Eingeladen hatten neben Innonet Kunststoff das Bio-Economy Cluster und Polykum.

Retten Biopolymere die Kunststoffbranche?

„Klimawandel und Dekarbonisierung sind Themen, mit denen sich alle Menschen derzeit auseinandersetzen“, sagte Prof. Zscheile. „Durch die Entwicklung und den breiten Einsatz von biobasierten Produkten soll die Zukunft der Kunststoffbranche gewährleistet werden – und zwar nachhaltig“. Große Potenziale im Bereich der Bioökonomie sieht Zscheile unter anderem bei den biobasierten Kunststoffen. Dabei werden nicht nur erdölbasierte Kunststoffe ersetzt, sondern auch ganz neue Stoffklassen mit besseren Eigenschaften geschaffen.

Die Bioökonomie sei erst am 29. Januar 2004 das erste Mal in einem offiziellen Dokument der OECD aufgetaucht, und zwar als Fußnote, gab Dr. Dr. Christian Patermann, Direktor a.D. der EU-Kommission für Bioökonomie, zu bedenken: „Über 50 Moleküle werden allmählich biobasiert ersetzt, vor allem innerhalb ausgewählter Polymergruppen. Außerdem gibt es Textilien, Verpackungs- oder Baumaterialien, deren Trend eindeutig zu biobasierten Verbundstoffen tendiert und sich kontinuierlich beschleunigt.“

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Bis 2030 alle Verpackungen rezyklierbar

Das Ziel der EU-Kommission: Bis 2030 soll alles Verpackungsmaterial wiederverwendbar und rezyklierbar sein. Daher müssen die Regulierer fachlich gecoacht werden. „Die heutige Auseinandersetzung muss in einem Mix aus Öffentlichkeitsarbeit, Vordenken und Medienpräsenz geprägt werden – eine Mischung, die bisher wenig beherrscht wird“, betonte Patermann.

Mit Plattformchemikalien für Kunststoffe beschäftigt sich Prof. Andrea Kruse von der Universität Hohenheim. Sie zeigte auf, wie landwirtschaftliche Reststoffe als Erdölersatz zum Einsatz kommen können. Ihr Ansatz: „Das biobasierte Zielprodukt soll besser sein wie die erdölbasierte Variante.“ Die Projekte an der Universität Hohenheim haben den Laborstatus verlassen und werden in einem Bioraffinerie-Technikum umgesetzt: Die Plattformchemikalie Hydroxymethylfurfural (HMF) kann Getränkeflaschen (PEF), Lebensmittelverpackungen, Fasern für Autositze, Nylon für Strümpfe, Sportbekleidung oder Autoteile ersetzen.

Erneuerbarer Kohlenstoff als Schlüssel

Michael Carus (vorne rechts) vom Nova-Institut: „Erneuerbarer Kohlenstoff ist der Schlüssel für die Zukunft der Kunststoffe.“

„Kunststoffe haben ihre beste Zeit noch vor sich“, davon ist Michael Carus vom Nova-Institut überzeugt. „Kein anderes Material hat ein so breites Anwendungsspektrum, unvergleichbare Produkteigenschaften und praktisch grenzenlose Verfügbarkeit.“ Allerdings müsse man sich weg von den erdölbasierten Produkten und hin zu den CO2-neutralen Polymeren bewegen. Hier besteht allerdings noch kein Konsens. Dies bestätigt auch eine Umfrage seines Instituts, wonach „80 Prozent der Deutschen keine Ahnung haben, woraus Kunststoff überhaupt besteht“. Erneuerbarer Kohlenstoff ist für Carus der Schlüssel für die Zukunft. Damit wäre vermieden, dass Kohlenstoff aus der Geosphäre in den Kreislauf kommt. Der erneuerbare Kohlenstoff könnte sich aus Atmosphäre (aktiver CO2 Entzug), Biosphäre (nachwachsende Biomasse) oder Technosphäre (Recycling) generieren.

Vom Holz zum Kunststoff

Was alles aus Biomasse machbar ist, zeigte Dr. Okko Ringena von UPM Finnland unter der Überschrift „Zukunft ohne fossile Ressourcen“. Das finnische Unternehmen setzt dabei auf Holz. Dafür pflanzt UPM jedes Jahr 50 Mio. neue Bäume. Die einzelnen Holzbestandteile werden neben klassischen Produkten wie Zellstoff oder Bauhölzer auch für Biokraftstoffe und Biochemikalien verwendet. Momentan prüft das Unternehmen den Bau einer weltweit einmaligen Bioraffinerie in Deutschland, welche biobasierte Glykole für Kunststoffe sowie nachhaltigen Füllstoffe für die Gummiindustrie zum Ziel hat. „Wir versuchen dabei möglichst alle Holzbestandteile stofflich zu nutzen.“, erklärte Ringena. Als mögliche Standorte werden derzeit die Chemieparks Frankfurt-Höchst und Leuna geprüft.

Udo Eckloff, Fachreferent beim Innonet Kunststoff und Organisator der Veranstaltung fasst zusammen: „Wir haben das Thema bereits 2016 begonnen und sind heute ein wichtiger Partner im Bereich Biobased Plastics. In dem EU-geförderten Projekt „Alp-Link-Bio-Eco“ tragen wir als Teilnehmer mit unseren Mitgliedsunternehmen dazu bei, eine biobasierte Kreislaufwirtschaft zu entwickeln.“

mg

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