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Additive Fertigung um Rotationsachse erweitert

Das IKD und Werkzeugbau Weidemann entwickeln ein neues FFF-Verfahren, das die klassische 2½-dimensionale Fertigung um eine rotatorische Achse erweitertert.

Das IKD und Werkzeugbau Weidemann entwickeln ein neues FFF-Verfahren, das die klassische 2½-dimensionale Fertigung um eine rotatorische Achse erweitertert.

Die additive Fertigung von Bauteilen aus thermoplastischen Filamenten mit der Fused Filament Fabrication – FFF – ist eine bewährte Technologie, um klassisch 2½-dimensionale Bauteile in z-konstanter Fertigungsweise zu generieren. In einem Kooperationsprojekt des Instituts für Kunststofftechnik in Darmstadt (IKD) der Hochschule Darmstadt mit der Werkzeugbau Weidemann GmbH & Co KG, Oberaula, soll jetzt neben der klassischen 2½-dimensionalen Fertigung auf einer Druckplattform zudem eine rotatorische Fertigung realisiert werden.

Vernetzung simultan zum Materialaustrag durch eine zusätzliche Aktivierungsenergie

Die Besonderheit: Der Fertigungsuntergrund, auf den ein Strang aus reaktivem Gemisch ausgetragen und abgelegt wird, zum Beispiel ein Rohr, rotiert dabei simultan zum Materialaustrag. Dies hat den entscheidenden Vorteil, dass das Material kontinuierlich und simultan zum Materialaustrag durch eine zusätzliche Aktivierungsenergie vernetzt werden und der Vernetzungprozess gezielt kontrolliert werden kann. Grundsätzlich ist es auch vorstellbar, den Vernetzungsprozess ohne zusätzliche Aktivierungsenergie rein chemisch ablaufen zu lassen.

Als Ausgangsmaterial kann bei diesem Verfahren entweder ein einkomponentiges reaktives Gemisch oder alternativ ein mehrkomponentiges Gemisch zum Einsatz kommen. Bei der mehrkomponentigen Variante handelt es sich in aller Regel um ein zweikompomponentiges Reaktivsystem, das zunächst im Prozess in einem statischen oder dynamischen Mischer vermischt werden kann.

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Vorserienstadium bis Mitte 2020 geplant

Das kooperative Forschungsprojekt unter der Leitung von Prof. Dr.-Ing. Roger Weinlein hat sich das Ziel gesetzt, diese Technologie bis Mitte 2020 in ein vorserienfertiges Stadium zu überführen. In Zusammenarbeit mit der Firma Werkzeugbau Weidemann entsteht so eine additive Fertigungsanlage der nächsten Generation. Die Entwicklung des rotationsymmetrischen und rotatorisch, asymmetrischen Bauprozesses hat sich Dr.-Ing. Jens Butzke mit seinem Team von Studierenden zum Ziel gesetzt.

Ideal für Polyurethane, Silikone oder Epoxidharzsysteme

Neben der Realisierung des Bauprozesses spielt insbesondere die Materialauswahl eine entscheidende Rolle. In einem Materialscreening zeigte sich schnell, dass Polyurethane, Silikone oder Epoxidharzsysteme ideale Ausgangsmaterialien zur Generierung der Bauteile darstellen. Die Materialien sollten nach dem Abmischen möglichst thixotrope Eigenschaften aufweisen. Dadurch können sie der Schwerkraft beim Rotieren des Fertigungsuntergrundes standhalten ohne die Form zu verlieren, bevor die  Vernetzung seitlich oder an der gegenüberliegenden Seite der Austragseinheit erfolgt.

Die abgelegten reaktiven Stränge haften im Idealfall formstabil an einer senkrechten Wand oder gar an einem Überhang von 180° (an der Unterseite des Rotationskörpers). Eine denkbare Variante ist auch der Einsatz eines festen oder pastösen Stützmaterials aus einer zusätzlichen Austragseinheit.

Bauteilstränge frei im dreidimensionalen Raum verlegen

Additive rotative Fertigung mit einem reaktiven 1K-Werkstoff.

Mit dieser neuartigen Fertigungstechnologie ist es beispielsweise möglich, gezielt funktionelle Strukturen auf ein Halbzeug aufzubringen. Die Fertigung kann sowohl mit reaktivem Material als auch mit thermoplastischen Filamenten realisiert werden. In beiden Fällen besteht auch die Erwartung, Bauteilstränge frei im dreidimensionalen Raum verlegen zu können. Dies würde sogar das kontaktlose Ablegen von Strängen von einer Erhöhung des Bauteils zu einer anderen Erhöhung („Bridging“) möglich machen. Diese Brücken könnten die Generierung von nicht-rotationssymmetrischen Bauteilen wesentlich vereinfachen.

Insgesamt ist die Besonderheit des Verfahrens auch darin zu sehen, dass in unterschiedlichen Bereichen des Bauteils eine ungleichmäßige Zahl an Schichten aufgetragen werden. Dadurch können echte 3-dimensionale Strukturen erzeugt werden, die nicht durch umlaufende, sondern auch durch lediglich partiell aufgetragene Stränge abgebildet werden und somit funktionell sein können. Auf diese Weise könnte ein Flansch, eine Dichtung oder auch eine komplexe Struktur wie ein Schnapphaken erzeugt werden.

Unterschiedliche Härten, Farbverläufe oder Dichten im Bauteil geplant

Durch die geschickte Kombination von Materialien könnte es zudem möglich sein, anhand der gezielten Inline-Mischung unterschiedliche Härten, Farbverläufe oder Dichten im Bauteil einzustellen. Dies könnte sowohl durch das Material selbst, das Füllmuster und die Füllstruktur oder Zusätze wie Füll- oder Verstärkungsstoffe wie Glas- oder Carbonfasern realisiert werden.

gk

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